Tel Aviv: Kreuzung Ibn Gavirol / HaNevi'im Street
Photo: Miriam Woelke
B”H
Mich interessiert stets, welche Worte / Themen die Leute in den Search Engines suchen und ausgerechnet auf diesen Blog stossen. Neben Holocaust – Themen, israelischer Politik und Urlaub, googeln erstaunlich viele Leute “Leben und Arbeiten in Israel”. Überhaupt alles, was mit dem Leben in Israel zu tun hat. Leider ersehe ich in den wenigsten Fällen das direkte Interesse und kann daher Leserfragen nur sehr vage interpretieren und beantworten.
Eines sollte den Googlern von vornherein klar sein:
Israel ist ein jüdisches Land und Aliyah machen grundsätzlich Juden. Es ist kein Land, in das man einfach so fährt, sich dort niederlässt, Bleibe und Job sucht und denkt, alles laufe so wie in Deutschland.
Diejenigen, die genau diese Erlebnisse einmal hatten, können ein Lied davon singen, aber anscheinend bricht der Schwall der Interessenten niemals ab und ständig kommen neue Leute an. Wie ich bereits unzählige Male berichtete, sollte sich kein Tourist auf waghalsige Abenteuer einlassen, bei denen er hinterher in einem fremden Land ohne Geld und Visum dasteht. Genau dahin läuft es in den meisten Fällen hinaus. Visabeschränkungen, die Tatsache, dass israelische Unternehmen nicht gerade euphorisch Ausländer einstellen sowie all die sozialen Probleme – All das ziehen die wenigsten Touristen in Betracht.
Israel ist ein teures Land und man muss hart arbeiten, um in der Lage zu sein, Rechnungen zu zahlen und zu leben. Nichts wird einem geschenkt; eher das Gegenteil ist der Fall. Oft kann allein die Hitze im Sommer zum Problem werden, denn ein Tourist ist derlei Klima kaum gewohnt.
Um eventuell einen Kurzzeitjob zu finden (besser wäre ein Praktiumsplatz), sollte man sich im Land befinden und persönlich umschauen. Das Bewerbungsverfahren läuft hierzulande wesentlich anders ab als in Deutschland. Man muss flexibel und sofort erreichbar sein, sonst ist die Sache gelaufen. Warten tut niemand und Jobs sowie Wohnungen gehen schnell weg. In Israel ist man immer und überall telefonisch erreichbar und das bis mindestens 23.00 Uhr. Wenn nicht noch nach Mitternacht. Die Schotten gehen jedenfalls nicht schon um 22.00 Uhr runter
Jobs und Wohnungen werden im Internet angeboten, doch realistisch betrachtet, gehen die besten Angebote unter der Hand weg. Man kennt Leute und vieles läuft per Mundpropaganda.
Tel Aviv ist bekannt für seine Hektik. Morgens um 8.00 Uhr sind die Busse voll und der Run zum Arbeitsplatz beginnt. Endlosstaus vor den Stadteinfahrten, denn die Pendler rollen an. Auf der Arbeit angekommen, geht der Stress weiter, denn vielerseits herrscht Leistungs – bzw. Erfolgszwang.
Nur die Hälfte von dem, was einem gesagt wird, darf man überhaupt Ernst nehmen, denn Israelis lieben es, einem keine direkte Antwort zu geben und einen in die Irre zu leiten. Nicht absichtlich, sondern aus Spass. Das ganze sei halt ein Joke und Deutsche, die auf jede Frage eine exakte Antwort erwarten, gehen vielfach auf den Leim.
Eine Bekannte aus Tel Aviv verliess kürzlich ihren Job und fand sofort etwas Neues. Ruckzuck hatte sie eine neue kleine Wohnung und den neuen Arbeitsplatz ganz in der Nähe. Eine gebürtige Israelin aus der nordisraelischen Provinz, die es, wie Tausende Gleichgesinnte, in den Moloch Tel Aviv zog, um sich ein ereignisreicheres Leben aufzubauen.
“Wie sie so schnell den Job fand und alles”, fragte ich sie.
Ihre Antwort: “Ich sah ein Schild an einem Ladenfenster, dass Leute gesucht werden. Also bin ich rein und habe gefragt. Was soll ich sagen ? So selbstbewusst wie man sich verkauft, so kriegt man einen Job”.
Das ist es, was in Israel zählt: Selbstsicheres Auftreten, zu wissen, was wann zu sagen ist und wie. Israelis haben das im Blut, denn sie wachsen damit auf. Wo ein Europäer herumdruckst und nett bleiben will, tritt ein Israeli hervor, redet dazwischen und der Redeschwall beginnt. Gleich darauf ist der Ausländer schon abgemeldet. Wer diese Lebensart nicht drauf hat, der lernt sie und wenn nicht, dann Gnade ihm G – tt, denn Israel ist Business, Leben, Dschungel, Glücksspiel und Lebenskunst zugleich.
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