Samstag, 7. Mai 2011

Die jüdische Orthodoxie und der Holocaust, Teil 2


 Photo: Miriam Woelke

B”H

Nach dem Holocaust waren viele Juden froh, endlich einen eigenen Staat zugesprochen zu bekommen. Im Jahre 1948 war es soweit und Theodor Herzls Traum wurde Wirklichkeit. 

Mein Leben lang war ich froh über die Existenz des Staates Israel. Hätte unser Land schon zur Zeit des Dritten Reiches existiert, wäre sicherlich vieles anders verlaufen und sechs Millionen Juden wären wohl kaum umgekommen. 

Juden in der Galut (Diaspora) sind vielerseits große Verfechter Israels, können jedoch genau so viel Schaden anrichten. Insbesondere dann, wenn sie ihre eigenen Theorien verbreiten, welche mit dem Alltag in Israel absolut nichts zu tun haben.

Meine Israel”karriere” begann ich im Jahre 1987 als ich zum ersten Mal ins Land kam. Und wie soviele andere als Kibbutzvolontär. Eben mal so in den Semesterferien um das Land zu sehen und billig durchzukommen. Viele Kibbutzvolontäre kommen in der Annahme, man lerne aus dem Kibbutz heraus das Land Israel kennen. Ein Trugschluss und den bekam ich zu spüren als ich im Jahre 1995 nach Tel Aviv zog. Hinaus aus der behütenden Kibbutzblase und hinein in den Alltag des Großstadtdschungels.

Immer noch war ich pro – Israel eingestellt, doch die Ansichten sollten sich etwas verändern. 
Ich lernte viel über die israelische Geschichte und Gesellschaft und heute folge ich ganz sicher nicht mehr irgendwelchen blinden Idealen. Wer die hebräische Sprache spricht, sich in den hebräischen Medien informiert, hebräische Literatur liest und auch sonst alles in der Landessprache tut, erhält den originalen Eindruck des Landes. Meinungen, welche die anderssprachige Presse übergeht, denn jene Journalisten bekommen von diesem Part der Realität selten etwas mit.

Natürlich publiziert unsere Presse dieser Tage hunderte von Soldatenstories zum morgen abend beginnenden "Yom Hazikaron – Gedenktag für gefallene israelische Soldaten und Terroropfer". Sonntag abend wird es abends um 20.00 Uhr einen zweiminütigen Sirenenton geben genauso wie am Montag morgen um 11.00 Uhr. Viele Israelis betrachten den “Yom Hazikaron” als emotional wesentlich stärker als den “Yom Hashoah” am vergangenen Montag. Warum ? Weil Israel eine Armee ist. Kaum jemand war nicht Soldat gewesen und kann sich nicht damit identifizieren. Darüber hinaus aber glorifizieren viele Soldaten ihr Soldatendasein nicht und dafür gibt es Gründe, wie ich dieser Tage zu berichten plane.

Wer in Israel lebt und die hebräische Presse verfolgt, dem wird schnell bewusst, was sich wirklich in unserem Land abspielt. Wer mit wem in der Knesset verbandelt ist, welcher israelische Wirtschaftsmagnat welchen Einfluss auf die Politik nimmt, welche Anwälte und Richter hohen Einfluss nehmen, die Rolle der Künstler, des Obersten Gerichtshofes und warum wer oberster Richter wird und warum ein anderer scheitert. Die negative Seite der nationalreligiösen Bewegung, warum deren Rabbiner etwas verkünden und dann vor ihrer Meinung fliehen. Die Geschichte David Ben Gurions, die gestohlenen jemenitischen Kinder oder warum Ben Gurion samt Yitzchak Rabin ihre eigenen Landsleute an die Briten verpfiffen.

Heutzutage feiert die israelische Mehrheit den "Yom Ha'azma'ut - Unabhängigkeitstag" (Beginn am Montag abend - Dienstag) wie die Amerikaner ihren 4. Juli: Mit Grillparties im Garten oder in Parks. Der israelische Unabhängigkeitstag wurde schon längst zum nationalen “Mangal “Grill” Tag”. Natürlich gibt es auch Shows wie die militärische Flugshow über dem Strand von Tel Aviv oder das Riesenevent auf dem Kikar Rabin in Tel Aviv am Montag abend. Alles live fürs heimische TV. Nicht zu vergessen den ebenso live ausgestrahlten “Bible Contest” am Dienstag morgen. Jerusalems Sacher Park wird am Dienstag mit Grills überlaufen genau so wie der Tel Aviver Hayarkon Park.  

Obwohl ich für den derzeitigen Staat Israel bin, weiss ich doch, dass das nicht alles ist. Der Meschiach ist noch nicht da, aber immerhin haben die Juden nun einen Platz auf Erden, wo sie ohne Antisemitismus zu leben in der Lage sind. Irgendwie aber feiert jedes Grüppchen seinen Unabhängigkeitstag allein. Die Nationalreligiösen tun dies am Montag abend in der Großen Synagoge zu Jerusalem. Mit Service, Chor und dem traditionellen HALLEL – Gebet. Danach bewegt sich die Elite ins Untergeschoss zum geladenen Essen. 

Die Neturei Karta fackelt traditionell die israelische Flagge ab. Photographiert von der zionistischen Presse, welche die Neturei Karta sich nicht scheut, zu informieren. Public Relation muss sein !

Aber nicht jeder ultra – orthodoxer Jude ist gegen den Staat Israel, wie ich schon oft beschrieben habe und noch mehrmals tun werde ! 

Der derzeitige Staat Israel – JA, aber mit dem Bewusstsein, dass dies nicht unsere letztendliche Aufgabe bzw. unser Ziel ist, wie uns die Thora sowie der Talmud lehren. 

Wer den 63. Unabhängigkeitstag feiern will, der muss nach Tel Aviv kommen. Die Jerusalemer wissen in der Beziehung nicht zu feiern und die Party am Zion Square fällt stets recht dürftig aus. In Tel Aviv hingegen beginnt das große Feiertagsevent am Montag abend nach 20.00 Uhr. Am Dienstag werden das Ben Gurion House sowie das Gebäude in der Sderot Rothschild, in welchem Ben Gurion den Staat Israel ausrief, kostenlos zugänglich sein.

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