Das Alphabet
B"H
Neulich offenbarte mir eine Arbeitskollegin, die ursprünglich aus Kanada stammt, dass es sie jedesmal mächtig nerve, wenn sie im Hebräischen Wörter durcheinanderwürfele oder im Eifer des Gefechtes ihr gerade in dem Moment die passenden Ausdrücke nicht einfallen. Hinterher, wenn die Situation längst ausgestanden ist, aber doch. "Man kommt sich in dem Moment vor wie ein Volltrottel", meinte sie.
Ich kann ihr das sehr gut nachfühlen, denn selbst nach weit mehr als zehn Jahren in Israel und einigen erfolgreich absolvierten Sprachkursen kommt es bei mir persönlich immer noch auf meine jeweilige Tagesform an. Dies hängt wohl auch damit zusammen, dass ich nebenher sehr viel auf Englisch rede und auf Deutsch schreibe. In den Blogs oder e - mails.
Manchmal kann es durchaus vorkommen, dass ich in einem Laden stehe und mir der hebräische Ausdruck für die Ware einfach so entfallen ist. Dann gibt es Momente, an denen mir ein Wort auf Deutsch und Hebräisch einfällt und dann wieder nur auf Hebräisch und nichts anderes mehr. Freunde von mir mit Kindern erziehen ihre Kinder meist zweisprachig. Viele von ihnen berichteten mir, dass das Aufwachsen mit zwei Sprachen die Gefahr birgt, dass das Kind erst später sprechen lernt. Selber erlebte ich es, dass derlei Kinder schon schon im frühesten Alter wussten, mit welcher Person sie welche Sprache reden müssen. Zum Beispiel kannte ich eine deutsche Familie, die mit der kleinen Tochter ausschließlich auf Deutsch sprachen. Mit den anderen Kindern sprachen sie dagegen nur Hebräisch, doch diese Kinder sprachen wiederum mit der Kleinsten auf Deutsch, denn sie waren der Ansicht, dass die ja gar kein Hebräisch könne.
Aber ich erlebe genauso Familien, in denen die Muttersprache des Vaters oder der Mutter absichtlich nicht weitergegeben wird. Früher geschah dies oft in der Zeit nach dem Holocaust, denn man wollte einfach kein Deutsch mehr hören. Heutzutage geschieht dies oftmals einfach so; auch weil die Kinder kein ersichtliches Interesse mehr zeigen. Wie, zum Beispiel, bei der Familien, deren Kinder ich donnerstags unterrichte. Dort ist der Vater aus dem Iran und spricht mit seinen Geschwister nach wie vor Farsi. Seine Kinder hingegen halten Farsi für irgendsoetwas Komisches und bezeugen keinerlei Interesse an der Sprache.
Wer nach Israel auswandert (Aliyah macht), der sollte so schnell wie es nur eben geht die Landessprache erlernen. Dies läuft allerdings nicht so ab, dass ich mich fast täglich in einen Sprachkurs hocke und mich nach Unterrichtsende vor den PC klemme und mir die deutsche Presse reinziehen. Um es einmal salopp auszudrücken.
Hebräisch lernen bedeutet viel Arbeit und viel Geduld zu haben. Grammatikalische Wendungen zu erlernen, die im Deutschen so ganz anders sind. Hierzu fällt mir das allseits berühmte Beispiel der männlichen und weiblichen Verben ein. Hinzu kommen die männlichen und weiblichen Zahlen. Anfangs denkt man zuviel nach. Deutsche lachen gerne, wenn sie einen Ausländer mit fehlerhaftem Deutsch hören. In Israel und sogar bei Amerikanern im Englischen ist dies wesentlich anders. Wenn einem nicht gerade ein sehr dummer witziger Fehler wiederfährt, lacht kaum jemand wegen grammatikalischer Fehlleistungen. Noch dazu, wo im Hebräischen einige Verben gleich klingen und dabei einem so manches herausrutschen kann. Einer Bekannten passierte es, dass sie häufig die Verben "Laledet - gebähren" und "Laredet - aussteigen, hinuntergehen" durcheinanderbrachte. Dann fragte sie auch noch einen Busfahrer, wo sie denn gebähren (statt aussteigen) könne. Ein hämisches Gelächter kam nicht auf, denn schließlich ist man die Neueinwanderer gewohnt.
Bis heute habe ich mein "Oben / Unten - Lemalah / Lematah" - Problem nicht überwunden und wenn es schnell gehen muss, dann bringe ich beide Wörter durcheinander. Niemand jedoch nimmt dies als etwas Schwerwiegendes auf und meist kommt gar keine Bemerkung darauf. Fehler macht ein jeder, auch Israelis.
Wer fleissig in einem Ulpan (Sprachkurs) lernt, der wird draußen auf der Straße mit dem WAHREN Hebräisch konfrontiert. Verschiedene Akzente aufgrund der unterschiedlichen Herkunftsländer, Fachausdrücke oder Slang. Im Klassenzimmer war ich so noch stolz und sobald ich auf der Straße bzw. in einem Laden stand, platzten alle meine Vorstellungen von einem passablen Hebräisch. Dann ging es ums Eingemachte und es wurde mir bewusst, wieviel Arbeit da noch auf mich wartet.
Wichtig ist es, die Zeitung zu lesen oder es zumindest zu versuchen. Nicht gleich Haaretz auf Hebräisch, doch Zeitungen wie Maariv oder Yediot Acharonot. Im Ulpan wird normalerweise mit der Kita Beth (der zweiten Klasse) mit dem Lesen der einfachen hebräischen Zeitung begonnen, die es seit kurzem auch Online gibt. Allerdings rate ich dabei, sich nicht zu sehr an den Stil dieser auf einfach zugeschnittenen Zeitung zu verlassen.
So richtig professionell wird es bei den meisten am Arbeitsplatz oder verschiedenen Orten wie beim Arzt. Um nur ein kleines wichtiges Beispiel zu nennen. Vor fünf Jahren war ich im Krankenhaus und musste bei der Behandlung zuerst einmal die passenden Vokablen für Knochen und Körperteile incl. Muskeln lernen. In der Bäckerei lernte ich alles ums Backen samt Getreide und Zutaten.
Schimpfwörter gibt es nebenbei, wobei ich sie fast nie benutzte. Allmählich kommt man dahinter und je mehr israelische Freude jemand hat, desto besser. Mittlerweile gebe ich auf Hebräisch relig. Vorträge und wenn ich etwas nicht verstehe, umschreibe ich es oder ich frage kurz in die Runde. .Was vielleicht weiterhilft sind die Texte einiger israelischen Liedermacher. Musik ist immer gut und hilft beim Einprägen der Wörter. Das schlimmste Sprachchaos kommt auf, wenn ich mit Jugendlichen rede. Die nämlich reden nicht, sondern schiessen die Wörter nur so hervor. Meine Lerngruppe am Donnerstag biete da einiges an Lernpotential für mich.
Zu Beginn kann es ganz schön frustrierend wirken, wenn die Sprache erst erlernt werden muss. Der Vorteil besteht darin, dass man in Israel das richtige Vokabular schnell mitbekommt, denn man wird damit konfrontiert. Egal, ob bei der Jobsuche ein Fragebogen auszufüllen ist oder die Stromrechnung entschlüsseln muss. Von einem kulturbeflissenen Kollegen lernte ich ein paar poetische Vokabeln, denn ansonsten lese ich weder Bialik noch Amichai und andere.
Ich kann nur den Rat weitergeben, den ich selber befolge. Mittlerweile ohne mich groß zu schämen. Nachfragen und wenn man das Wort partout nicht weiß, einfach umschreiben. So wie ich neulich wieder als ich jemandem empfahl die Dichtung am Wasserhahn auszuwechseln. Am Anfang einer Fremdsprache steht zuerst immer das Verstehen. Später lernt man sich auszudrücken. Einige Israelis sind recht behilflich, wenn es um fehlende Sprachkenntnisse geht. Auf meiner Krankenkasse sah ich eine ältere Amerikanerin, die jeden der Angestellten fragte, ob man denn Englisch könne.
"Ja, meinte eine davon, doch mein Hebräisch ist noch viel besser. Ich weiß, was Du meinst, aber versuche es, auf Hebräisch zu sagen".
Keiner der mehr als zwanzig Anwesenden lachte als die Amerikanerin sich abmühte.
Egal, wie verzerrt, Israelis erkennen es an, wenn ein Neueinwanderer zumindest versucht, die Landessprache anzuwenden und nicht ewig mit Englisch daherkommt. Es kann vorkommen, dass man aufrund ausreichender Kenntnisse über den Tisch gezogen werden soll. Zum Beispiel bei dem Unterzeichnen von Verträgen. Wer als Anfänger kennt sich da schon mit den speziellen juristischen Klauseln aus ? In solchen Fällen sollte ein Muttersprachler dabei sein.
Natürlich ist man in einer fremden Sprache oft nicht so beflissen wie in der eigenen Muttersprache. Dennoch sollte ein jeder eine gewisse Anstrengung unternehmen und je mehr er im Endeffekt die Sprache benutzt, desto beflissener wird er dann doch. Auf alle Fälle verbessert man seine Improvisationsfähigkeit !
"Deutsche lachen gerne, wenn sie einen Ausländer mit fehlerhaftem Deutsch hören."
AntwortenLöschenUnd wieder zehn Schekel in die Vorurteilskiste. Deutsche lachen weder mehr noch weniger als Israelis über Fehler in der Sprache.
B"H
AntwortenLöschen"Ich nix verstehen !"
Schalom Miriam,
AntwortenLöschendanke für den link, brauchte einige Zeit bei mir im Kibbutz-Ulpan Hadarhaochel zu sagen...
B"H
AntwortenLöschenDas Wort CHADAR HAOCHEL (Speisesaal) zu sagen ist tatsaechlich nicht leicht. :-)
Es gibt schon solche Dinge über die man lachen kann, was ja nicht böse gemeint sein muss.
AntwortenLöschenDer Chef meiner Schwester sagte zum Beispiel, dass seine Gladiatoren auf der Terrasse so rießig sind , meinte aber Gladiolen oder er fragte sie, wie man pechdunkel schreibt (er meinte natürlich pechschwarz).
Darüber muss man einfach lachen.
Yael
B"H
AntwortenLöschenLeider war es zu meiner deutschen Zeit oft so (und ich weiss nicht, ob es noch so ist), dass viele Deutsche, sobald ein Auslaender herumstotterte, sie sich seiner Sprachweise annahmen. Ich meine damit, dass sie dann ebenso sagten "Was Du machen ?" und so in der Art.
Aber das mit den Gladiatoren ist schon witzig.:-)
Ja, das ist richtig, darüber gab es sogar "Aufklärungsspots". Dabei redete ein Deutscher einen nicht in Dtl. geborenen nach dieser Masche an bis der ihm mit hervorragendem Deutsch fragte, warum er so herumstottere.
AntwortenLöschenDas gibt es leider immer noch. Ich bekomme da auch fast Krampfanfälle. Aber solche Menschen blamieren sich im Endeffekt selber.
Yael
B"H
AntwortenLöschenMir fiel derlei Verhalten sogar in deutschen Amtsstuben auf. Dabei kann ein Auslaender erst so richtig den sprachlichen Umgang erlernen, wenn man richtig mit ihm spricht und nicht in der Babysprache.