Samstag, 8. Januar 2011

Leserfrage: Was mache ich, wenn mir ein Jude begegnet ?

Photo: Miriam Woelke


B"H

Photobeschreibung:
Ein Mitglied der chassidischen Gruppe Chabad legt einem jungen amerikanischen Juden die Gebetsriemen (Tefillin) an. 

Tefillin sind ein biblisches Gebot aus der Thora und ausschliesslich Juden vorbehalten. Selbst wer als Mann zum Judentum konvertiert, erhält erst dann die Erlaubnis Tefillin anzulegen, wenn er entweder konvertiert ist oder kurz vor seiner offiziellen Konversion steht. 


Leserfrage: Wie verhalte ich mich, wenn ich auf eine Juden treffe ?

Manchmal stellen mir verschiedene Blogleser sehr interessante Fragen und es geschieht nicht selten, dass die Fragestellungen aus akademischen bzw. Fortbildungskreisen erfolgt. Ich hoffe, dass ich in diesem Falle dem betreffenden Anfragekreis mit meiner Antwort nicht vorgreife, dennoch will ich an dieser Stelle kurz einige der Anfragepunkte ansprechen, da sie auch für andere Leser interessant sein könnten. 
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Da hört und liest man soviel über Juden und dann steht da plötzlich tatsächlich einmal ein richtiger Jude vor einem. Wie soll man sich verhalten ? 
Die richtige Antwort auf diese Frage wäre allgemein: Ganz normal verhalten !

Wie sehr hätte ich mir selber genau das so oft gewünscht. War ich mit Freunden in meinem ehemaligen deutschen Wohnort unterwegs, stellten die mich ihren Bekannten oder einfach so anderen Leuten (einmal sogar im "Irish Pub") als “Israeli” oder als “Juden” vor. Einfach so. Dabei kannten mich die anderen überhaupt nicht. 

Sobald ein Jude als Israeli oder Jude vorgestellt wurde, stutzten nicht wenige der Leute. Sie zogen ein Gesicht wie “Wie soll ich mich jetzt verhalten ? Darf ich etwas gegen Israel sagen ? Soll ich meine Grosseltern rechtfertigen, dass die keine Nazis waren ?

Ich fand es einfach nur peinlich und dumm so vorgestellt zu werden, denn dann ist das Gegenüber zu oft befangen und ein ungezwungener Umgang ist kaum mehr möglich oder muss erst im Nachhinein aufgebaut werden.

Ein genereller Rat: Ganz normal mit derjenigen Person umgehen und nicht gleich auf jüdische Themen, Michel Friedman oder Israel eingehen. Ich habe nichts mit Michel Friedman am Hut und mit der ständigen Rechtfertigerei habe ich  es ebenso wenig. Ich bin kein Typ, der irgendwo hingeht und sofort auftrumpft, Israeli oder Jude zu sein, nur alle Aufmerksamkeit der Welt zu haben. Wer mich kennt, der wird wissen, dass eher das Gegenteil der Fall ist und ich gar nichts sage, wenn das Thema nicht aufkommt.

Ich lernte ich Deutschland viele Leute kennen und auf der Arbeit hat kaum jemand gewusst, wer ich war. Falls einmal die Sprache auf das Judentum fiel, kam die Frage “Warum koscher ?” oder so in der Art. Mehr nicht und das Thema war erledigt. Auf der Arbeit ging es um den Job und wenn ich Leute kennen lernte, drehten sich die Themen genauso um andere Dinge. 

Was aber, wenn ein Nichtjude einen Juden zum Essen einladen will ? Zum Beispiel unter Geschäftspartnern ?

Ganz einfach: Der Nichtjude soll sich bloss nicht scheuen, den Juden zu fragen, ob er komme und was er ggf. essen wolle. Wie der Jude was esse und ob überhaupt ? Ich sehe kein Problem und kein Schande nachzufragen. Dies ist in Israel nichts Ungewöhnliches, denn selbst hierzulande besteht diese Prozedur. Nicht gerade zwischen Juden und Nichtjuden, doch zwischen Religiösen und Säkuleren. Sogar unter Religiösen ißt nicht jeder dort, wo sein Bekannter ißt. Auf Deutschland bezogen soll sich der Nichtjude genauso wenig scheuen nachzufragen.

Ein jüdisches Kind im Kindergarten haben ?

Darüber kann man sich ewig auslassen. Denjenigen jüdischen Eltern, denen es wichtig erscheint, ihr Kind in einen jüdischen Kindergarten zu schicken, werden dies tun. Obwohl ich in Deutschland jene “jüdischen” Schulen und Kindergärten nicht als jüdisch betrachte, sobald sie nichtjüdische Kinder aufnehmen. In dem Falle ist bei mir der Ofen aus und wenn ich Kinder hätte, würde ich diese nicht in jene sogenannten Pseudo – Einrichtungen schicken.

Juden im Krankenhaus ?

Diesen Fall erlebte ich einmal hautnah mit. Und zwar mit einem Ehepaar der chassidischen Gruppe Chabad. Die Frau bekam Kinder und bei ihrer ersten Geburt war ich im Kreissaal mit dabei, um zu übersetzen. Das Ehepaar sprach nur Hebräisch (die Frau) bzw. Russisch (der Mann) und ich wurde morgens um 4.00 Uhr aus dem Bett geholt, weil die Geburt kurz bevor stand. 

Auch die Tage nach der Geburt war ich täglich im Krankenhaus, um zu übersetzen. Normalerweise gibt es keinen Unterschied zwischen jüdischen und nichtjüdischen Patienten. Transfusionen sind erlaubt und alles andere auch. Nur beim Essen kamen die Probleme auf, aber das Küchenpersonal des Fürther Klinikums erweis sich als äußerst hilfsbereit. Eine Krankenschwester, der ich einige Details erklärte, war Türkin und sie kannte das Problem mit dem Essen. Nicht ganz so detalliert wie im Judentum, aber immerhin.

Wie und was soll ein ansonsten dem Essen nach nicht koscheres Krankenhaus einem jüdischen Patienten das Essen servieren ? Soll überhaupt etwas serviert werden ?

In meinem Fall bestand das Ehepaar lediglich auf frisches Obst. Nichts Gekochtes oder Gemüse, Milch oder Joghurts. Lediglich Obst auf einem Teller. Ungeschnittenes Obst. An das jeweilige Krankenhauspersonal: Das Obst UNGESCHNITTEN auf einen Teller legen und das ist alles. Keinen Apfel anschneiden oder auch nur irgendetwas aufschneiden. Der Grund dafür ist, dass das Messer nicht koscher ist. Also lieber das Obst einfach ganz auf den Teller legen und servieren.

Generell sehe ich, dass sich zuviele Deutsche zuviele Gedanken machen, wie sie sich denn da jetzt einem Juden gegenüber verhalten sollen. Ungezwungen und ganz normal und falls jemand sich aufspielt und sein Judentum hervorhebt und nervt, liegt das nicht an Euch, sondern an demjenigen selber. Dann hat er ein Problem und will im Mittelpunkt stehen. Derlei Leute haben wir in Israel auch und wenn solch ein Menschtyp kommt, nimmt man am besten reissaus.

2 Kommentare:

  1. Kaum zu glauben, was die Leute für Probleme haben.

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  2. B"H

    Du wuerdest Dich wundern, fuer wieviele Deutsche genau diese Frage relevant ist.:-)

    Da sieht man Juden im TV und wenn das wirklich einer vor einem steht, wissen viele halt nicht, wie sich sich jetzt verhalten sollen. ich selbst erlebte es, dass die Leute dann ein kuenstliches Verhalten aufsetzen und soetwas nervt mich.

    Zuviele begreifen nicht, dass man sich eigentlich ganz normal verhalten sollte !!!

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