Zfat (Safed) in Nordisrael
Photo: Miriam Woelke
B”H
Meiner Meinung nach sollten jüdische Großmütter am allerwenigstens eine Aliyah (Einwanderung) nach Israel in Betracht ziehen. Aus persönlicher Erfahrung heraus weiss ich, dass gerade die Großmütter ständig nach ihren Enkeln im Ausland jammern und vor dem Photoalbum auf Facebook kleben. Dann wird die Tochter / Schwiegertochter schwanger und wer das Geld für ein Flugticket nicht parat hat, sieht den neugeborenen Enkeln vielleicht erst nach Monaten oder sogar Jahren. Eine Tatsache, welche viele betagteren Neueinwanderer vorher nicht mit einplanen.
S.D. lernte ich in Zfat kennen. Mit 62 Jahren war sie im vergangenen Spätsommer aus Arizona gekommen, um vor Ort mit der Aliyah – Organisation”Nefesh be’Nefesh” einzuwandern. Nicht alle Neueinwanderer kommen per Aliyahflug nach Israel, sondern reisen hierzulande als Touristen ein und entscheiden sich später aufs Innenministerium zu gehen, um die Aliyah zu beantragen. Bei S.D. war das der Fall, obwohl sie im voraus wusste, dass sie Aliyah machen wollte, um im Norden des Landes, sprich in Zfat, zu leben. Mit dem Papierkram bei Nefesh be’Nefesh verkomplizierte sich einiges, aber dazu später.
Als ich in Zfat war, baute sich eine kleine Clique um mich auf: S.D., ein aus Skandinavien eingewanderter Jude, mehrere Israelis, ein paar weitere Amerikaner und ich. Zusammen waren wir unschlagbar, trotzdem behielt jeder seine eigene Persönlichkeit sowie Freiheiten bei. Waren wir zusammen, tranken wir Kaffee und redeten, redeten, redeten. Zwischendurch jedoch ging jeder von uns seine eigenen Wege. Zusammen aber bewältigten wir viele Dinge und am meisten ist mir jener Schabbat in Erinnerung, an welchem S.D. uns alle einlud.
Insgesamt hatte S.D. großes Glück. Als sie kam, war sie zwar ohne feste Bleibe; bald aber erhielt sie Angebote zum House Sitting. Zwei Amerikaner wollten für ein paar Monate auf Besuch in die Staaten und S.D. sollte auf die zwei Wohnungen in Zfat aufpassen.
S.D. selbst liess zwei erwachsene verheiratete Kinder in Arizona zurück und ich weiss nicht wieviele Enkel. Immer wieder listete sie uns die Namen der Enkelkinder auf und Photos gab es gleich mit dazu. Kam ich einmal bei S.D. vorbei, sass sie oft vor ihrem Laptop. “Sitzt Du schon wieder vor Facebook ?” fragte ich, worauf sie meinte: “Ja, aber nur kurz”. Richtig schlimm wurde es, sobald eines der Enkel Geburtstag feierte. Dann erlebte das Photohochladen auf Facebook Hochkonjunktur. Auf beiden Seiten und nicht nur bei S.D.
Daheim in Arizona hatte S.D. Geld, denn ihre Tochter ist recht wohlhabend. Wovon aber soll eine 62 – jährige Neueinwanderin in Israel leben ? Mit arbeiten ist nichts mehr und die USA zahlten noch keine Rente. Hinzu kommt, dass Nefesh be’Nefesh in einen endlosen Papierkrieg verfiel und S.D. ihre finanziellen Neueinwandererrechte nicht bekam. Kurz gesagt, sie sass auf dem Trockenen und wenige Monate später sagte sie mir ironisch, dass sie gelernt habe, aus allem noch eine Suppe zu kochen. “Ich kann selbst eine Steinsuppe kochen”, wobei sie auf ihre finanziellen Nöte anzielte.
Ihre Tochter weigerte sich beharrlich, ihre Mutter im Ausland finanziell zu unterstützen, doch ab und an sickerte trotzdem etwas Cash durch. Was ich am meisten an S.D. bewunderte, war ihre unermüdliche Zuversicht. Auch relig. Und sie sah grundsätzlich alles positiv, egal was kam. Vor drei Wochen dann rief sie mich an und erzählte, dass sie in die USA zurückfliege. Befristet, wie sie betonte, denn sie habe für April ein Rückflugticket nach Israel. Zuerst aber fliege sie über Paris nach LA. Zwei Tage Disneyland, denn ein Enkelkind feiert Geburtstag. Jetzt bekam ich wieder eine Nachricht: Nefesh be’Nefesh hat sich ausgekriegt mit den Dokumenten und im Aril kommt S.D. zurück auf Aliyah. Mit allen Rechten heim nach Zfat.
B"H
AntwortenLöschenS.D. machte vor kurzem offiziell Aliyah und lebt wieder in Zfat, nachdem sie fast ein Jahr lang in den USA von Israel pausierte.