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Die Stadtverwaltung schaltet Anzeigen in den Tageszeitungen und richtete eine eigene Website ein. Das Finanzministerium kürzte die staatlichen Gelder für Jerusalem und somit befindet sich die Stadt fast auf dem Trockenen.
Jerusalem ist nicht Tel Aviv und verfügt nicht wie die Küstenregion über eine herausragende Industrie. Selbstverständlich finden sich zahlreiche Hightech Unternehmen in der Heiligen Staat und wer sich oberflächlich umschaut, entdeckt ziemlich viel Industrie. Bei genauerem Hinschauen allerdings wird gewahr, dass Jerusalem hinterher hinkt. Industriell und finanziell. Freie Jobs liegen nicht gerade auf der Straße und die Gehälter sind gegenüber dem Großraum Tel Aviv wesentlich niedriger. Dabei sind gerade in Jerusalem die Lebenshaltungskostenpreise drastisch angestiegen und mit Tel Aviv zu vergleichen. Das Jerusalemer Kulturangebot ist eingeschränkt und es herrscht keine tolle Action an fast jeder Straßenecke wie in Tel Aviv.
Nicht nur das fehlende Budget verhindert ein reichhaltiges Angebot, sondern ebenso die Mentalität der Jerusalemer. Die Bewohner ziehen das “sich ausruhen” vor und wer abends um 20.00 Uhr Action in der Innenstadt sucht, der findet nichts. Ein paar Hippie Bongo Trommler und die amerikanische Harfenspielerin. Und selbst die Harfenspielerin sinkt immer tiefer, denn siebrach sich ihr Bein und verlor ihre Privatschüler. Vom dicken Cash sank sie in die Suppenküche und freitags trällert sie samt Yokolele auf dem Machane Yehudah Markt “Where have all the flowers gone ?”
Die sture Jerusalemer Mentalität trägt eine Teilschuld an der Misere der Stadt. Jeder wird verdächtigt und misstrauisch angeglotzt. Und dies jetzt nicht auf Politisches bezogen, sondern auf den stinknormalen Alltag. Manchmal kam ich mir dort vor wie in einem hinterwäldlerischen Kaff in der bayerischen Oberpfalz. Und das sage ich als Nürnberger und sehe die Gemüter der Oberpfälzer dabei hochgehen wie eine Bombe.
Jerusalem ist kein leichtes Pflaster zu regieren, denn zuviel Chaos crasht aufeinander. Wer frei sein will und bummeln, der begibt sich auf die Rothschild oder ins Nachalat Binyamin nach Tel Aviv. Da darf man noch Anarchie zeigen, auch wenn die umliegenden Cafes fast unerschwinglich geworden sind. Es sei denn, man läßt sich in den Ketten “Arcaffe”, “Aroma” oder “Hillel” nieder. Ausgeflipptes kostet Geld, aber gerade am Freitag vormittag geht es in Tel Aviv hoch her. Multikulti – Angebote und ein Lebensgefühl, was in der Enge und der verpesteten Luft Jerusalems fehlt.
Die Stadtverwaltung schielt neidisch auf die Rothschild in Tel Aviv und fasste den Beschluss, die Ben Maimon (Rambam) Street im Stadtteil Rehavia in ein kleines Rothschild – Tel Aviv umzufunktionieren. Aber wielange soll das dauern und wer kommt schon groß nach Rehavia ? Stellt irgendein eigenwilliger Künstler sein Objekt in der Ben Maimon auf, kreischt schon eine spiessige Anwohnerin los. Zwar sind die einstigen spiessigen deutschen Jekken immer seltener in Rehavia zu finden, doch nach wie vor wohnen dort genügend ältere Speisser, die um 20.00 Uhr das Licht ausmachen und ins Bett gehen.
Jerusalem will seine Ruhe.
Anstatt sich auf Rehavia zu konzentrieren, sollte die Jaffa Road als Multikulti Beispiel dienen. Die Anwohner sind Remmidemmi gewohnt und ich stelle mir vor, dass die Preis in der Jaffa besser ankommen als die im vornehmeren Rehavia.
Meine Vorhersage: Bis auf Weiteres wird Jerusalem hinterher hinken und wer Kultur sucht, fährt nach Tel Aviv.
Tel Aviver Leichtigkeit
Photos: Miriam Woelke
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