Montag, 10. Januar 2011

Deutsche in Israel

B”H

“Deutsche in Israel” – Manchmal ein heikeles Kapitel für sich. Genauso wie Touristen aus anderweitigen Ländern weitere Kapitel füllen.
An dieser Stelle schreibe ich eine kleine Satire zum Thema “Deutsche Touristen in Israel”, wobei ich hinzufügen möchte, dass nicht alle so sind und es durchaus stinknormale tolle Touristen gibt. Andererseits zieht es jedoch ebenso diverse Typen nach Israel und darum geht es in dem folgenden Text !


Es mag eingebildet klingen, aber die Wahrheit ist, dass ich deutsche Touristen an ihrer Art und Weise zu sprechen sowie an ihrem Akzent von weitem erkenne. Genauso, wie man halt Russen oder viele Araber identifiziert. Außer, dass zahlreiche deutsche Touristen die Angewohnheit haben, ständig über Dschörmany zu reden, erkannte man sie früher an miteingeflogenen ALDI – Tüten, Birkenstock - Schlappen oder den Umweltstofftaschen. Eine blonde Touristin dagegen erkannte ich an ihrer nervigen Angewohnheit, Juden immer anlächeln zu müssen. “Philosemitin, total bekloppt oder beides gleichzeitig”, so dachte ich mir halt.

Aber Moment, hatte ich denn immer so wahnsinnig Recht mit meinen Vermutungen, dass wieder einmal Deutsche herumkurven ? Allgemein gesagt JA, denn kurz darauf begannen sie immer irgendwo zu sprechen. Angemerkt sei, dass viele deutsche Touristen jetzt noch leichter zu erkennen sind, denn sie wagen es, a la “Wir sind wieder wer” – Manier in den Cafes herumzuschreien und sich lauthals über den fehlenden Service zu beschweren. Und sei es auch nur unter sich innerhalb der Reisegruppe. (So gesehen im Jerusalemer Café Hillel in der Jaffa Road.)

Gestern nun geschah es mir wieder. Unbewusst und an einem Ort, an dem ich es, weiss G – tt, nicht erwartet hätte. Eine dunkelblonde Frau, ca. Ende Vierzig und so ziemlich nervös, hämmerte auf eine Computertastatur ein. Ab und an stöhnte sie fluchend vor sich hin, allerdings ohne ein Wort zu sagen. Etwas später unterhielt sie sich mit einer Israelin. Das Englisch der Beiden war denkbar schlecht, wobei die Deutsche noch dazu mit schwäbischem “Englischakzent” glänzte. 

“Woher sie denn aus Deutschland komme”, wollte die Israelin wissen.
“Das sage ich Dir nicht, antwortete die nervöse Deutsche. Deutschland und Deutsche haben mir zuviel angetan und ich will nicht darüber reden”.

Ups, das hörte sich ja schlimmer an als wenn da ein Holocaust – Überlebender sprach.

Die Deutsche fuhr sogleich fort zu erfragen, wo sie denn hier an welcher Akademie Musik studieren könne. Zweimal die Woche und für wenig Geld. Wenn es geht, gleich ganz umsonst. Und, ja, sie wohne in Jerusalem und komme dann zweimal pro Woche in den Norden gereist.

Na, hoffentlich will sie die teuren Busfahrten nicht auch noch umsonst !

Sie mache einen Ulpan (Hebräischsprachkurs) in Jerusalem oder plane ihn zumindest. “Ja, vom Innenministerium, die bieten sowas an ?”
“Für Neueinwanderer ?” fragte die Israelin.
“Ja”, so die Deutsche.

Nur nebenbei: Das Innenministerium bietet keine Sprachkurse an, sondern man erkundigt sich als Neueinwanderer diesbezüglich auf dem Einwanderungsministerium (Misrad HaKlita). Meinen Senf dazu zugeben vermied ich allerdings und liess die Beiden reden.

Sie bleibe jetzt in Israel, so die Deutsche weiter, habe aber ihren Kopf voller Gedanken, denn es sei soviel Papierkram zu erledigen. All die Formulare aus Deutschland anzufordern und dann habe ihr ein jemenitischer Jude versprochen, ihr eine jüdische Identität zu besorgen. Sie hatten eine Verabredung in seinem Hotelzimmer, sie (die Deutsche) sei hin und da habe der Typ doch glatt unzüchtige Dinge von ihr verlangt anstatt eine neue Identität hervorzuzaubern.

Die Israelin glotzte ziemlich verduzt aus der Wäsche, doch die Deutsche setzte sogleich zu einer neuen Horrorstory an:

“Naja, sie habe immer gedacht, die Juden seien so toll, doch jetzt sei sie in Israel und sehe, dass es hier auch viele schlimme Leute gibt. Zum Beispiel habe ihr ein Israeli (nicht der Jemenite) aus Tel Aviv ihr Geld geklaut und jetzt sitze sie weitgehend auf dem Trockenen”.

Dazu sage ich nur: “Welcome to Israel and Reality !”

“Ob die Israelin denn Kurse kenne, wo man zum Judentum konvertieren kann”.

Na, endlich kam die Deutsche mit der Sprache heraus. Auf die Frage hatte ich schon die ganze Zeit gewartet. 

“Nee, kenne sie nicht”.

Dann fuhr die Deutsche fort, auf die Tastatur zu kloppen und Kurse zu googeln.

Und hier nochmals als Kurzinfo an alle, die mit dem Gedanken spielen, in Israel zum Judentum konvertieren zu wollen.

Wenn Ihr Euch heutzutage nach einem Kurs erkundigt, wird Euch der Kurs mitteilen, dass Ihr zuerst eine Visabewilligung des israelischen Innenministeriums (Misrad HaPnim) benötigt. Dass Ihr sozusagen mindestens ein Jahr im Land bleiben dürft, denn solange dauert meist der Kurs. Oftmals auch noch viel länger. 

Wird Euch die Bewilligung verweigert, müsst Ihr Israel wieder verlassen. Wird sie genehmigt (was bis zu drei Monaten Bearbeitungszeit dauern kann), könnt Ihr Euch beim Oberrabbinat (Rabbanut) einen Kurs suchen. Nach erfolgreicher Beendigung muss abermals das Innenministerium eingeschaltet werden, denn dann geht es um die Bewilligung Eurer Aliyah, falls Ihr in Israel bzw. Staatsbürger werden wollt. Die Entscheidung kann sich ewig in die Länge ziehen und es kann Jahre dauern. Das Innenministerium entscheidet nicht selbst direkt, sondern hat dazu ein vierköpfiges Kommittee, welches sich nur alle drei Monate oder so trifft. Und Ihr könnt Euch sicher vorstellen, wie lange die entsprechenden Wartelisten sind.

Ferner werden verlangt: Kontoauszüge, es wird geprüft, wieviel Geld Ihr habt und ob Ihr während der Kurszeit davon leben könnt. Nicht jeder bekommt eine Arbeitserlaubnis ausgestellt. Relativ neu ist, dass ein polizeiliches Führungszeugnis aus dem Heimatland verlangt wird, denn zuviele Kriminelle schlichen sich per Aliyah nach Israel ein.
Neben dem Ministerium steigt Euch das Rabbanut aufs Dach, wenn Ihr Euch nicht religiös verhaltet. Neulich googelte ein Leser meinen Blog zum Thema “Ob einem Schwulen der Giur (die Konversion zum Judentum) aberkannt werden kann. Die Antwort lautet JA !

Kurz gesagt, es ist heutzutage alles andere als einfach sich als Nichtjude in Israel ein Leben aufzubauen. Selbst mit einer Konversion zum Judentum ist noch lange nichts garantiert. Israel musste so reagieren, denn in all den Jahren zuvor wurde zuviel Schindluder mit der Konversion und der nachfolgenden Aliyah betrieben. Vor allem treiben sich heute zuviele christlich angehauchte Konvertiten herum, die nur zum Schein zum Judentum konvertierten. 

Warum zahlreiche nichtjüdische deutsche Touristen gerade den Drang verspüren, in Israel wohnen zu wollen, kann ich mir nur mit der Holocaust – Schuld erklären. Ich persönlich ginge da lieber nach Australien, Neuseeland oder Kanada. 

Am Anfang sind ja die Leute noch begeistert. Sie liegen in Tel Aviv am Strand und laufen halt so herum. Tolles Wetter, Palmen. Geht jedoch erst einmal das Geld aus oder wird nach drei Monaten ein neues Visum benötigt und es folgt der Gang auf das Innenministerium, dann gewinnt der Alltag plötzlich an Realität und bei vielen erfolgt panische Angst und der Absturz.

Bedenkt also sehr genau, was Ihr tut und folgt nicht dem Fehlschluss “Mir passiert das nicht !” Heute noch stehe ich mit einigen solcher Fälle per Facebook in Kontakt. Keine Deutschen, aber Finnen und Engländer. Und die waren letztendlich froh, wieder daheim zu sein, wo sie keine Angst vor der Polizei haben müssen, einem geregelten Job nachgehen und ein richtiges Zuhause haben.

6 Kommentare:

  1. Das ist nun wirklich zum Lachen! Was in den Köpfen der Touristen so vorgeht ...

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  2. B"H

    Wenn ich derlei Realitaeten beschreibe, werde ich von vielen beleidigt als Rassist abgetan. Wie waere es, wenn die Leute sich einmal selber vor Ort umschauen, was alles in Israel herumlaeuft. Checkt in ein Hostel ein, bleibt dort eine Woche und sehr Euch um. Dann naemlich kommt Ihr mit einer wesentlich anderen Ansicht wieder heraus. meist bedarf es dazu viel weniger als eine Woche.:-)))))))

    Was mir auffiel ist, dass sehr viele Deutsche gerade in Israel leben wollen. Dabei waere Hawaii doch eigentlich viel schoener. Nur noch teurer als Israel.:-)))))

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  3. Das ist doch merkwürdig. was haben die deutschen bloß mit Israel?

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  4. B"H

    Ehrlich gesagt habe ich keinen blassen Schimmer, denke aber, dass es am Holocaust und an der Attraktion "Juden kennen lernen" liegt.

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  5. Deutsche sind noch viel zu verwöhnt. Und kommen sie "ins gelobte Land", stellen sie erfreut fest, eigentlich haben sich die Preise überhaupt nicht verändert. Und die Juden sind ja so freundlich und nett (so lange das Trinkgeld stimmt), - sie sehen nicht in Unterschied, es sind Touristen. Ich bin 2-3 Mal im Jahr in IL, meinen Grund der Aliya-Planung kenne ich.



    LG, Avi

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  6. B"H

    Viele Israelis sind so wie Schweizer: Bist Du Tourist, ist alles okay. Willst Du im Land bleiben, bist Du als Nichtjude nicht unbedingt erwuenscht, denn wir haben eh genug Probleme.:-)))

    Naja, in Tel Aviv zahlt man schon wesentlich mehr Miete als vielerorts in Deutschland und die Lebensmittelpreise sind viel zu uebertrieben. Wenn ich mir da die ALDI - oder LIDL - Preise in Deutschland anschaue, werde ich ganz neidisch.

    Was fuer mich witzig ist: Deutsche geben haeufig einen oder zwei Schekel Trinkgeld und denken gar nicht daran, dass die Summe viel zu gering ist. Schliesslich ist es kein Euro, der 5x soviel wert ist, wie der Schekel.

    1 Euro = 5 Schekel

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