B"H
So mancher israelische Blogger besitzt einen Presseausweis. Meine persönliche Ansicht dazu ist, dass die Regierung Netanyahu jenen Bloggern diesen Ausweis ausstellt, wenn schon im Vorfeld ersichtlich wird, dass der Blogger eben auch in jenem Regierungssinne bloggt.
Oft macht der beste Ausweis keinen guten Journalisten aus und in vielen Fällen ist der Presseausweis ebenso nutzlos. Gerade hörte ich im privaten Freundeskreis von einem Filmemacher, der Noam Shalit, den Vater des gekidnappten Soldaten Gilad Shalit im Jerusalemer Protestzelt interviewen wollte, und eine deftige Abfuhr bekam. Noam Shalit nämlich sagte, er rede mit niemandem, der da nicht von den grossen Medienkonzernen a la CNN, BBC, Ynet, israelisches TV oder sonst woher komme. Was, mit einem Filmemacher ? Dabei ist eben jener Filmemacher sehr erfolgreich und auf internationaler Basis wollte er eine Reportage über Gilad Shalit ausstrahlen. Da hat sich Noam Shalit mächtig in den eigenen Hintern getreten als er D. rüde überfuhr und ich hatte Glück, denn auch ich wollte Shalit ein paar Fragen stellen, liess es aber bisher bleiben. Nun weiss ich, dass ich erst gar nicht aufzutauchen brauche und aufgrund Vater Shalits arrogantes Verhalten, werde ich mir in Zukunft die Wege zum Protestzelt sparen.
Was geschieht in Israel, wenn da ein Blogger kommt, der um Interviews bzw. Infos
bittet ? Und damit meine ich jetzt keinen der bekannten Journalisten, welche da nebenbei ihre Blogs tippen.
Wie ergeht es mir, denn in letzter Zeit habe ich mich etwas mehr der persönlichen Recherche unterworfen. Alles ist Gewöhnungsphase und manchmal Glück.
In Israel gehören Blogs zum Alltag und somit zeigt sich auf die Frage "Wo man denn schreibe" bei der Antwort "Blog" keiner mehr überrascht.
Bei eher "unwichtigen" Leuten habe ich bisher oft die Erfahrung gemacht, dass sie die erste Frage auf die Bloghits ausrichten. Wieviele das denn so lesen am Tag ?
Wenn ich daraufhin antworte, dass es nicht selten unbedingt auf die Menge der Leser ankommt, folgt das Schulterzucken. Entweder wird gestottert, man habe das ja nicht so gemeint und natürlich kann ein Blog mit nur fünf Hits am Tag der Blog von der allerhöchsten Qualität sein. Oder es kommt ein: "Naja, man will da schon kalkulieren, ob sich denn ein Interview mit dem Blogger lohnt".
Letzteres ist mir soweit nur ein einziges Mal passiert und die Person entpuppte sich als mehr oder weniger gescheitert. Im Nachhinein stellte ich fest, dass sie jeden so behandelte. Egal, ob der Interviewer vom TV oder einem Blog kam.
Wer sich als Blogger entscheidet, Recherche anzustellen, der kommt mit der Umwelt mehr als genug in Kontakt. Flexibilität und Ideenreichtum gehören dazu. Wie komme ich an was heran ? Wer kann mich soweit bringen oder an wen kann ich mich ausserdem wenden ? Nicht selten folgt eines dem anderen und so mancher Gesprächspartner steuert zu einem anderen Thema noch mehr Infos dazu oder gibt sich diesbezüglich hilfsbereit a la "er kenne da noch andere Leute, die er kontaktieren könnte". Geschickt in das laufende Interview gefädelt, kann es ohne Weiteres zu derlei Hilfsaktionen kommen und mir ist das bisher sehr häufig passiert.
Zu einem Interview sollte man unbedingt vorbereitet erscheinen. Nicht zum Thema herumstottern, sondern mit Fakten bewaffnet fragen. Ich treffe mich mit Rabbinern oder Historikern; also bereite ich mich im Vorfeld intensiv vor. Je besser man vorbereitet ist, desto intersiver wird das Interview und meist läuft in dem Fall alles auf einen längeren Kontakt hinaus. Wenn noch Fragen da sind und man könne jederzeit anrufen oder bei einem ähnlichen Theme wieder nachhaken.
Es kann der Fall eintreten, dass der Interviewpartner vom Blogger eine gewisse Garderobe erwartet. Damit meine ich nicht unbedingt nur die relig. Klamotte, sondern edle Häuser. Dem sollte man sich nicht widersetzen, sondern in dem Fall genauso vorbereitet sein. Viele Verhaltensweisen verstehen sich halt von selbst.
Interviewpartner fragen ebenso gerne nach Referenzen. An welchen Themen arbeitet der Blogger und mit wem arbeitete er in Interviews schon zusammen ?
Versteht der Blogger die Antwort nicht, weil sie zu professionell erscheint, muss er nachfragen. Der Interviewpartner meint nicht gleich, dass der Blogger deswegen dumm sein muss. Bloss nicht scheuen nachzufragen und wenn Namen fallen, nach der exakten Schreibeweise fragen und mitschreiben.
Nach einiger Zeit tritt eine kleine Routine ein, obwohl jeder Interviewpartner anders ist ! Man wird mutiger und enthusiastischer beim Schreiben des Artikels. Ich halte es so, meinen Interviewpartner im voraus eine Kopie zu senden, denn manchmal sind fachliche Korrekturen nötig. In den Inhalt selber lasse ich mir jedoch nicht hineinreden. Weiterhin halte ich meine Interviewpartner auf dem laufenden, ob ich noch mehr Material sammele und ob ich am Artikel arbeite.
Ich gehe an kein Gespräch trocken oder desinteressiert heran. Heute spreche ich mit demjenigen über das und morgen mit jemand anderem zu einem ganz anderen Stoff. Bloss keine Langeweile zeigen, sondern zuhören und nachfragen.
Was ich für wichtig halte ist, mit dem Interviewpartner auf einer persönlichen Basis zu kommunizieren und verzichte auf hochgestylte bürokratische und viel zu förmlichen Redewendungen. Ferner gebe ich zu, wenn ich etwas nicht weiss und dass ich mich in ein Thema noch nicht richtig eingearbeitet habe.
Kurz gesagt: In Israel sind mir noch keine herben Absagen vorgekommen. Die eigenen Verhaltensweise und das Interesse lassen einen manchmal auf die tollsten Ideen kommen, wen man kontaktieren könnte. Und, von so manchem Promi kommt der Blogger vollkommen enttäuscht zurück, denn der Promi entpuppt sich als ganz anders als erwartet.