B"H
Der diesjährige "Yom Yerushalaim - Jerusalem Tag" gehört leider schon wieder der Vergangenheit an. Israel ist schnelllebig; vor allem seine Nachrichten. Eben noch auf dem Yom Yerushalaim gefeiert, befindet sich Premier Ehud Olmert nun auf Staatsbesuch in der USA. Sein voraussichtlich letzter Staatsbesuch, denn er wird seinen Job verlieren.
Yom Yerushalaim repräsentiert den siegreichen Ausgang des Sechs - Tage - Krieges im Juni 1967. Seitdem sind wir wieder im Besitz von ganz Jerusalem, ohne jordanische Checkpoints überwinden zu müssen. Leider scheint es jedoch manchmal, dass den Jerusalemern nicht mehr viel an diesem Tag liegt. Ich traf sogar auf Leute, die gar nicht wußten, dass vorgestern Yom Yerushalaim war. Seit Jahren begehen insbesondere die Nationalreligiösen diesen Tag und werden per Bus aus allen Landesteilen angekarrt. Es scheint als ob die ganze Siedlerjugend zugegen ist. Wobei der Ausdruck "Siedler" nicht immer einen relig. Hintergrund beinhalten muß, denn es gibt genügend säkulere Siedler. Insgesamt aber sah man relativ wenig von der säkuleren Bevölkerung am Yom Yerushalaim.
Schon am frühen Nachmittag wurde die Innenstadt total abgeriegelt und das Sicherheitsaufgebot war immens. Die Massen kamen und stürmten erst einmal die Shops in der Innenstadt. Wer Eis oder Bagel wollte, der muß mit viel Geduld anstehen. Normalerweise machen die Besitzer der kleinen Makolot (Tante- Emma - Läden) aufgrund ihrer hohen Preise wenig Umsatz, doch der Yom Yerushalaim erwies sich umsatzmässig als Lottogewinn. Sogar die Preise wurden noch mehr hinaufgeschraubt. Dies geschah besonders in der Jüdischen Altstadt, im Makolet auf dem Weg hinunter zur Kotel (Klagemauer). Aber die Temperaturen sind nun einmal sommerlich bei 30 Grad und da sucht man soviel Eiscreme wie nur möglich.
Den Flaggenmarsch durch die Stadt verpasste ich und so ging ich mit einer Freundin auch erst einmal Eisessen in der Fußgängerzone Ben Yehudah. Empfehlensnwert ist die der riesige Eiscreme - Store an der Ecke gegenüber dem Chabad - Haus, Ecke "Cafe Rimon". Softeis, Crepes oder Frozen Joghurt, alles ist zu fairen Preisen zu haben. Nebenan am Zion Square war kein Durchkommen mehr und so machten wir einen Umweg durch die "Dorot Rishonim" am Cafe Rimon. In der nahegelegenen Jaffa Road trafen wir nur noch auf den Rest des Flaggenmarsches, heißt die Mädels. Auch beim Flaggenmarsch wird Wert auf Geschlechteranstand gelegt und Männlein und Weiblein gehen getrennt. Nicht immer wird dies eingehalten, offiziell jedoch schon.
Wer meinen relig. Blog Hamantaschen liest, dem ist bekannt, dass ich kein großer Fan der Nationalrelig. bin. Nicht, dass ich etwas Persönliches gegen sie habe, sondern es ist einfach nicht mein Stil. Ich fühle mich den Haredim (Ultra - Orthod.) näher, aber gerade die blieben der Veranstaltung fern. Aus vielerlei Gründen und der mangelnde Anstand dürfte einer der Gründe gewesen sein, denn viele nationalrelig. Girls kamen im kurzen Rock und ohne Strümpfe daher. Was heißt viele ? Fast alle. Und das ist für haredische Girls absolut unvorstellbar. Und die nationalrelig. Jungen liefen in kurzer Hose und Sandalen ohne Socken herum. Da sagen sich viele Haredim "Nein, sowas brauchen wir nicht".
Des Weiteren spielt die Tatsache eine Rolle, dass Yom Yerushalaim ein "zionistischer" Tag ist, an dem die "zionistische" Armee den Krieg gewann. Und einige chassidische Gruppen wie Satmar gehen noch nicht einmal an die Klagemauer zum beten, da diese von der zionistischen Armee befreit worden war. Stattdessen wird auf den Meshiach gewartet und als im letzten August einer der zwei Satmarer Rebben, Rabbi Aharon Teitelbaum, Jerusalem besuchte, so betete er nicht an der Kotel, sondern am schräg gegenüberliegenden Mount Scopus in Richtung Kotel. Soviel zum Antizionismus.
Kurz gesagt, Jerusalem war rappelvoll am Yom Yerushalaim.
Die Nationalrelig. aus den Siedlungen erinnern mich immer an jene Fußballfans aus der Provinz, die zu uns nach Nürnberg ins Stadion des 1. FC Nürnberg kamen. Man erkannte die Provinzler schon von Weitem. Das Wort "Dorftrottel" will ich lieber nicht sagen, doch als jemand aus der Großstadt erkennt man halt oftmals jene aus den kleineren Orten. Auch in Israel ist das so und die Siedlerkids fallen immer gleich auf. Wie Haudegen kommen sie daher, was mir oft zu fanatisch aufstößt. Wahrscheinlich kann man nicht anders, wenn man in einer Siedlung irgendwo im Gebiet neben paläst. Orten aufwächst. Früher überlegte ich mir einmal ernsthaft, selbst in eine Siedlung zu ziehen, denn dort gibt es Natur und die Mieten sind gering. Was mich unter anderem davon abhielt, war der Sicherheitszaun, denn ich will nicht wie im Knast leben, sondern mich frei bewegen.
Was mir an der nationalrelig. Jugend gefällt ist der pure Zionismus und Idealismus. Diese Ideale glaubt man in der säkuleren israelischen Gesellschaft schon fast verloren. Die Nationalreligiösen sind stolz auf ihr Land und für sie gibt es kaum etwas Größeres (außer natürlich G - tt) es zu besiedeln und in Israel zu leben. Religion, Thora, Land, Siedlung, Heimat….all das ist selbstverständlich für sie. Und sie schielen nicht hinüber in die USA, wo New York eine Alternative sein könnte.
Und all das brachten sie auf dem Flaggenmarsch zur Kotel (Klagemauer) wieder einmal mehr zum Vorschein. Wenn sich der Marsch der Altstadt nähert, nehmen die Palästinenser am Jaffa Tor geradezu reißaus. Erstens verdienen sie nichts an den Siedler - Kids, denn die kaufen nur koscher und schon gar nicht bei Palis. Andererseits sind die Siedler - Kids bestimmt keine Pali - Freunde und bringen das auch gesangsmässig zum Ausdruck. Daher waren alle Shops am Jaffa Tor zu und kein Pali war zu sehen. Deren Shops jedoch wurden von den Nationalrelig. in Beschlag genommen und an den verbliebenen Ständen wurden koschere Getränke verkauft.
Richtung Kotel ging dann fast gar nichts mehr und wer die engen Gassen im Jüdischen Viertel kennt, der weiß, von was ich rede. Dennoch kam es zu keinerlei Ausfällen oder Geschubse. Alles ging friedlich zu und die Polizei wies nur die Richtung. Schade nur, dass der Yom Yerushalaim sich als Fest der Nationalreligiösen auszeichnet und nicht alle daran teilnehmen. Genau das fehlte vorgestern wieder einmal.
Apropos nationalreligiös:
Am 20. Juni werde ich mich selbst in eine Siedlung begeben, nämlich nach Efrat bei Jerusalem. Ein Bekannter von mir, der Rabbiner Yosef Yedidiahu Klausner, weiht seine Beit Midrasch (relig. Zentrum) ein. Mit Thora, Bibliothek und allem was dazu gehört und wir sind eingeladen. Bisher war ich immer der Meinung, dass Efrat ein netter kleiner Ort sei, doch Rabbi Klausner ließ mich gestern wissen, dass es mittlerweile eine Stadt mit 20.000 Einwohnern sei. "Was willst Du, meinte er, die haredische Siedlung Beitar (nicht weit von Jerusalem) hat schon 45.000 Einwohner. Dagegen ist Efrat doch gar nichts".
Also berichte ich in zwei Wochen einmal über Efrat und das Leben in einer nationalrelig. Siedlung.
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