B"H
Totmüde von der Arbeits des nachts in der Bäckerei, am Morgen gleich den ersten Bus nach Tel Aviv erwischt und immer noch auf den Beinen. In Israel arbeitet das Proletariat mehr als in Deutschland; das steht fest. Von einer 40 - Stunden - Woche können viele nur träumen. Geschweige denn von dem europ. Gehalt und Urlaubsbedingungen. Ich kenne Leute, die machen ohne Pause ein - zwei Tage und Nächte im Hightech - oder Accountingbereich durch, gehen dann mittags heim, schlafen, und sind am nächsten Tag wieder auf der Arbeit.
Gepennt wird überwiegend am Wochenende; falls die Zeit da ist. Ansonsten geht es totmüde in die neue Woche. Wie wichtig ein guter ausreichender Schlaf ist, habe ich erst in Israel gelernt. Dann, wenn keine Zeit dazu ist. Erst dachte ich, ich sei die einzige, doch meine Umgebung rackert und rackert. Irgendwo arbeiten und nebendran studieren, diversen anderweitigen Jobs nachgehen oder jene, die sich gerade selbständig machten, doch nach wie vor an ihrer festen Einkommensquelle sitzen.
Israelis sind innovativer und flexibler als Deutsche.
Ein Vorurteil ?
Ich glaube kaum, denn wenn ich im Spiegel Online von Bewerbungen mit Mappe lese oder wie sich Leute beim Vorstellungsgespräch zu masslosen Opportunisten entwickeln …
Sicher schleimt jeder, egal wo, beim Vorstellungsgespräch. Lügt mal hier und gibt sich kooperativ, was er sonst nie wäre. Was ich jedoch an vielen Leuten in meiner Umgebung bewundere ist, dass jeder irgendein bestimmtes Ziel vor Augen hat und dies neben dem Job verfolgt. Hier der Job und dort seine eigenen Ideen in einem eventuellen selbständigen Job umsetzen. Unter anderem gründeten einige davon Online Unternehmen oder besser gesagt, sie entwickeln des nachts (neben der Arbeit am tag) PC - Programme oder so in der Art.
Von Neueinwanderern aus den USA habe ich gelernt, wie solch ein chaotischer Tagesablauf aktiv in die Tat umgesetzt wird. Wer da sagt, er habe keine Zeit oder Ideen … Zeit gibt es immer. Die Amerikaner argumentierten mir so: "Dann schlafe halt weniger. Was acht Stunden schlafen ? Sechs oder fünf tun es auch. Dann kommt der Schabbat und da hast Du Zeit zum Schlafen !"
Bei Innovationen stehen Israelis ganz oben. Die angeborene Neugier macht es aus. Jede technische Neuheit ist sofort der Renner. Auch bei den Haredim (Ultra - Orthodoxe). Das iPhone wegen der relativ hohen monatlichen Gebühren nicht unbedingt und das iPad wird aus technischen Gründen nicht gehandelt. Meiner Meinung nach muss man soetwas eh nicht haben, wenn schon ein PC da ist.
Israelis lieben Startups; nur die leidige Steuer stört.
Absolventen der "Bezalel - Kunsthochschule" verkaufen ihre Produkte wie selbstgedrehte Filme, Schmuck, Bilder, Photos oder Mode. Selbst entworfen und nicht alle warten nur auf die Zusage eines Unternehmens, sondern werden selber tätig.
Wenn ich das deutsche Wort "Bewerbungsmappe" nur höre. Da graust es einem ja und wer denkt eigentlich an die Kosten ? Photo, Porto und all der Schreibkram mit Lebenslauf etc. Gibt es keine Jobs, bei denen eine einfach kurze e - mail genügt und bei Interesse seitens der Firma auf ein Vorstellungsgespräch eingeladen wird ? Das wäre doch sinnvoller und den Lebenslauf kann man dann auch nachreichen.
Was nützt mir denn ein Einser - Zeugnis, wenn ich eine praktische Niete bin ? In Israel wird es oft so gehandhabt, dass gleich einen Tag lang mitgearbeitet werden muss. Je nachdem wie man soweit kann. Ist ja egal, aber Wille und Einsatz zählen.
Dieses System für jene Jobsuchenden von Vorteil, die nicht gerade ein tolles Schulzeugnis haben und andernfalls gleich aussortiert werden.
Weiterhin las ich von den zahlreichen Praktikantenstellen, über die es momentan viele Bücher auf dem deutschen Markt zu geben scheint.
Ein Praktikum wird in Israel "Staasch" genannt und ist weit verbreitet. Zeitbegrenzt und garantiert nicht von zu langer Dauer, denn man muss ja von etwas leben. Der Bückling wird nicht so häufig abgegeben wie in Deutschland, denn wir sind keine Kommandogesellschaft. Wer etwas auf der Arbeit gesagt bekommt, muss noch lange nicht auf Befehlt springen, sondern geht erst mal einen Kaffee trinken oder eine rauchen.
Anscheinend ist es immer eine Frage des Arbeitsmarktes und der Generation. Einige werden zum Schleimen und Kriechen erzogen, anderen wiederum ist alles egal. Nur machen die Schleimer den Fehler, sich festzulegen und nichts Neues (einschliesslich sich selbst) weiterzuentwickeln und treten somit auf der Stelle.