Photo: Kikar Shabbat
B"H
In der säkuleren israelischen Tageszeitung "Yediot Acharonot" geht es heute in riesigen Schlagzeilen um die Haredim (Ultra - Orthodoxe). Yediot ist mehr als bekannt für sein säkuleres Getöse gegen die Haredim und heute bekommen die Leser wieder alles doppelt und dreifach serviert. Was mich jedesmal wieder neu stört, sind einseitige Darstellungen von Journalisten, welche die haredische Gesellschaft nicht kennen. Umschreibungen der Problematik müssten ewig lang und detailliert sein, damit der Außenstehenden überhaupt einen winzigen Einblick bekommt. Und dabei ist es unerheblich, ob es sich um einen deutschen Blogleser oder einen säkuleren israelischen Yediot - Leser handelt.
Was ist passiert, dass die gesamte israelische Presse heute so aufschreit ?
Es geht um die relig. Siedlung Emmanuel und ihre ebenso relig. haredische Mädchenschule "Beit Yaakov".
Damit beginnt das Problem, denn ich muss hier ausholen: Erstens ist die Mädchenschule "Beit Yaakov" unter haredischen Mädels verbreitet. Auch in Antwerpen, London, Manchester oder New York. Man beachte jedoch, dass die Schule zur Agudath Israel gehört ! Sprich jenen haredischen Ausrichtungen, welche u.a. der Knessetpartei "Yahadut HaTorah" angehören wie Vishnitz, Belz, Slonim, litvishe Harediyot, Gur, Erloi, etc. Schülerinnen extrem anti - israelisch ausgerichteter Richtungen wie Satmar, Chabad, Dushinsky, Toldot Aharon, etc. gehen nicht auf das Beit Yaakov, sondern auf ihre eigenen Schulen, welche keinerlei finanzielle Hilfe des Staates Israel erhalten. Das Beit Yaakov hingegen schon ! Dies hat zur Folge, dass der Staat Israel Einfluss auf das Beit Yaakov nehmen kann, denn schliesslich wird es von ihm mitfinanziert. Bei Satmar etc. ist das anders, denn dort findet diese Hilfe nicht statt. Folglich hat der Staat Israel kein Recht, den Schulen der anti - zionistischen Edah HaCharedit auch nur irgendetwas vorzuschreiben, geschweige denn Einfluss zu nehmen.
Zweitens bestehen in Israel nach wie vor gesellschaftliche Unterschiede zwischen sephardischen und aschkenazischen Juden. Auf jeder Ebene und in jeder Gesellschaftsform. Auch bei den Haredim (Ultra - Orthodoxen) !
Ein aschkenazisches Mitglied der haredischen Gesellschaft wird kaum ein sephardisches Mitglied ehelichen, es sei denn, der Aschkenazi hat Probleme in seiner Gesellschaft und ist kein so toll akzeptiertes Mitglied.
Deswegen gibt es innerhalb des Beit Yaakov Schulsystems zwei Batei Yaakov:
Eines für aschkenazische Mädels und eines für sephardische.
Viele Leute, selbst zahlreiche Haredim, betrachten dies als Rassismus, denn die Aschkenazim wollen die Sepharadim partout nicht in ihrer Schule. Dies schränke die späteren Ehechancen der aschkenazischen Tochter ein, denn sephardische Mädels gelten nicht immer als intelligent.
Soweit die Meinung der Gesellschaft !
Vielerorts gingen sephardische Eltern schon auf die Barrikaden, denn sie wollten ihre Mädels im aschkenasischen Beit Yaakov untergebracht wissen. Eben wegen des höheren Bildungsniveaus sowie den besseren Eheaussichten (einen besser gestellten Bräutigam zu finden).
In der Siedlung Emmanuel weigerte sich das aschkenazische Beit Yaakov wieder einmal, die sephardischen Töchter aufzunehmen und jetzt kam es zu einer Entscheidung des Obersten (säkuleren) Gerichtshofes. Man bedenke, dass sich der Staat in die Verhältnisse einmischen darf, wie ich im Vorfeld bereits erklärte.
Die obersten Richter entschieden, dass ab sofort alle Mädels in einer Klasse sitzen. Das Beit Yaakov und die aschkenazischen Eltern sind außer sich. Gestern abend hörte ich auf einem relig. Radiosender den Bericht eines betroffenen Vaters aus Emmanuel, der da sagte, dass die sephardischen Mädchen der Siedlung teilweise aus Familien stammen, wo die Eltern erst kürzlich relig. geworden sind und die Kinder (noch) gar nicht mitziehen. Bedeutet, die Töchter halten nicht unbedingt Schabbat und soetwas wolle man nicht im aschkenasischen Beit Yaakov haben.
Weiterhin geht es in Emmanuel darum, dass das aschkenazische Beit Yaakov überwiegend mit Mädchen der chassidischen Gruppe Slonim besetzt ist. Bedeutet, man lernt auf die Slonimer Art und Weise, was nichts mit sephardischem Judentum zu tun hat, es sei denn, man ist total an den Slonim interessiert.
Warum also sollte ein sephardisches Mädchen aus Emmanuel in einer Slonim angehauchten Atmosphäre lernen ? Noch dazu, wo Sepharadim und Aschkenazim wesentlich andere Bräuche und manchmal auch andere Gebete haben.
Heute morgen fuhren Busse aus Emmanuel zum Obersten Gerichtshof in Jerusalem und ca. 80 Eltern wollten vor dem Gebäude protestieren. Der Gerichtshof seinerseits will das Urteil weiterhin diskutieren und man wird sehen, ob es zu Umstimmungen seitens der Richter kommt. Eines jedoch ist sicher:
Die Richter werden niemals die Angelegenheiten der haredischen Gesellschaft verändern. Mit oder ohne Urteil !
@Miriam:
AntwortenLöschenDanke fuer die ausfuehrliche Erlaeuterung dieses recht komplizierten Sachverhalts.
Ich finde, dass sich der Staat in diese Angelegenheit nicht einmischen sollte, da es hier vordergruendig um Dinge geht, die in die Religion bzw. in die religioese Erziehung an der Schule hineinwirken.
Religion und Staat gehoeren nach meiner Auffassung strikt getrennt und in derartigen internen religioesen Angelegenheiten hat sich der Staat auch dann nicht einzumischen, selbst wenn er finanzielle Unterstuetzungen fuer diverse schulische Einrichtungen geleistet hat.
Auf die religioesen Befindlichkeiten der Schueler und ihrer Eltern sollte der Staat in diesem Falle Ruecksicht nehmen und sich zuruecknehmen.
Fuer diesen Regelbereich sollte der Schule und den Eltern eine Einschaetzungs- und Entscheidungspraerogative gewaehrt werden.
B"H
AntwortenLöschenEs ist nicht nur dass, dass das Beit Yaakov eine Trennung zwischen zwei unterschiedlichen Kulturen walten laesst. Kommt, z.B., ein Kind eines neurelig. Paares daher, wird es ebenso aussortiert und in ein Beit Yaakov fuer neurelig. Kinder gesetzt. Die Begruendung:
Man koenne nicht Kinder Neurelig. mit Kindern zusammensetzen, die von Geburt an relig. waren, denn die Neurelig. muessen die Religion erst erlernen.
Das Schulsystem der Trennung im Beit Yaakov ist bekannt und ich verstehe nicht, warum sephardische Eltern ihre Toechter ins aschkenazische System hineinpressen wollen. Nur wegen der hoeheren Bildungsniveaus ?
Wenn ich Kinder haette, wurde ich sie auch nicht in den sephardischen Teil des Beit Yaakov stecken. Warum auch ?
Diese unterschiedlichen Lebenswelten sollten akzeptiert und respektiert werden.
AntwortenLöschenChabad ist schon lange nicht mehr antizionistisch.
AntwortenLöschenB"H
AntwortenLöschenChabad nicht antizionistisch ???
Da berichtete mir das Chabad Hauptquartier in Crown Heights aber anderes:
http://chassidicstories.blogspot.com/2008/07/bh-ein-leser-meines-engl.html
Ausserdem begeht Chabad in Jerusalem (einige Filialen) den israelischen Unabhaengigkeitstag wie einige andere antizionistische Gruppen auch als YOM HAAZAMOT - Tag der Knochen !
B"H
AntwortenLöschenDen letzten Kommentar mit der Angabe eines Links habe ich nicht veroeffentlicht.
Erstens veroeffentliche ich keine Links aus Zwecken der Selbstdarstellung.
Zweitens hat der angegebene Linktext nichts mit dem Beit Yaakov zu tun. Lediglich werden Rituale eines jued. G - ttesdienstes aus der Sicht eines offenbar nichtjued. Besuchers beschrieben.
Chabad ist nicht umsonst an jeder israelischen Front dabei und verteilt Süßigkeiten an die Soldaten ;)
AntwortenLöschenB"H
AntwortenLöschenDas stimmt, doch gibt es anscheinend innerhalb der Chabad - Gruppen in Israel unterschiedliche Ansichten, wie das Ganze gehandhabt werden soll. Am Unabhaengigkeitstag selber siehts Du von Chabad nichts, dafuer fuhren die Breslover Nanas am Tel Aviver Strand auf und ab und tanzten.
Andererseits gibt es in Mea Shearim die originalen Breslover (Nachfolger der Anhaenger des Rabbi Nachman), die absolut antizionistisch sind.