B"H
Jerusalem befindet sich mitten im "Yom Yerushalaim" Fahnenfestkleid und heute am 13.00 Uhr beginnt der "Marsch der Flaggen" der nationalrelig. zionistischen Bewegung. In Deutschland würde man sicher sagen: "Die Fundamentalisten kommen", denn mehr versteht man vom Thema nicht.
Jerusalemer haben in der Regel ein besonderes Verhältnis zu ihrer Stadt. Entweder lieben sie ihre Heimat oder man will weg, weiss jedoch nicht wohin oder wie finanzieren. Und so hängt man halt drin in einer Stadt, in welcher die Müllabfuhr nie so ganz funktioniert oder inmitten von Mitmenschen, die alles zumüllen. Wie zum Beispiel jene Frau, die in einem der Stockwerke über unserer Bäckerei lebt und die vollen Mülltüten aus dem Fenster wirft, sodass die unten stehenden Leute entweder aus der Schussrichtung springen oder wir Teile des Abfalls am Schaufenster kleben haben, wenn denn die Tüte auseinanderplatzt.
Klingt alles furchtbar nach Nebensächlichkeit ?
In Jerusalem ist nichts nebensächlich, denn ständig sind alle am Rotieren. Die Obdachlosen, die im Restaurant von Tisch zu Tisch gehen und um Spenden betteln. Der Akrobat, der auf einem Straßenschild in der Ben Yehudah balanciert. Alles gehört irgendwie dazu. Wie sehr vermisse ich die alte Dame, die einst in der Jaffa Road oder gegenüber dem Busbahnhof sass und um Geld bettelte und dabei auf Jiddisch murmelte:"Sei gesund, sei gesund !"
Jerusalem muss aktiv erlebt werden. Jahrelang durch die Gassen gehen, die Straßen kennen lernen, die Gerüche, die Mentalitäten. Den Stadtteil Nachlaot (am Machane Yehudah) der Sängerfamilie Bannai erleben, sich im Einkaufsparadies Malcha sehen lassen.
Man will ja gesehen werden.
Am Kikar Zion auf der Treppe zur Bank Hapoalim hocken und den Druggies oder einfach nur den Leuten zusehen.
"Atara" ? Was Cafe Atara und all das ? Davon spricht kein Mensch mehr. Jerusalem unterzieht sich einem ständigen Wandel und alles wartet auf die Vollendung des Straßenbahnbaus.
Wann ?
Im Frühjahr 2011, so vernimmt man, doch niemand weiss Genaues.
Egal, wir sind den Dreck und Lärm (man höre nur den Bagger oben an der Davidka kratzen) gewöhnt. Bushaltestellen existieren heute und morgen nicht mehr, denn sie wurden um die Ecke verlegt. Der Lieblingssport der Stadtverwaltung seit dem Beginn mit dem Bau der Straßenbahn, von der kein Mensch weiss, ob sie jemals fährt. Hauptsache wir haben Schienen. Man sollte da schon mit dem Trend gehen.
Schon mal auf dem Arbeitsamt gewesen ? Jobs gibt es weniger und wenn, dann mies bezahlt. Wer Freiwilligendienst leisten will, findet sofort einen Freierjob. Kein Problem. 3300 Schekel Mindestlohn und meine Lebenshaltungskosten belaufen sich auf mindestens 4000 Schekel. Wo soll da ein Problem sein ? Es gibt doch die Bank und das Overdraft. Kreditkarten sind "in" und wenn die eine gesperrt ist, muss halt die zweite Karte herhalten. Wie oft stand ich schon an Kassen Schlange, wo jemand sämtliche Karten durchgehen liess ?
Wer richtig Action will, der gehe in ein Postamt. Manchmal mit Nummern ziehen am Eingang und in anderen Niederlassungen wieder nicht. Auf der Post beginnt der wahre Krieg und hier, auf der Hauptpost in der Jaffa Road, sind sich sogar Araber und Juden einig: Die Beamten sind faul und suchen ewig nach Auswegen, um in die Pause zu gehen. Man muss mal kurz was kopieren und so.
Kommt der Satz, dann ist einem jeden klar, der Angestellte kehrt vorerst nicht wieder zurück. Und wenn ja (nach 15 Minuten oder so), dann war mit Sicherheit der Kopierer kaputt und man musste den Chef informieren, die Wartungsfirma anrufen und kurz vor Aufregung aufs Klo. Dabei trieft der Kaffee noch aus dem Mundwinkel.
Ein beliebter Sport, der irgendwie verschwunden scheint, ist das "Einkaufswagen in der Warteschlange vor der Kasse deponieren" und dann einkaufen gehen. Der Einkaufswagen steht schon mal da und jetzt suchen wir nur noch die Waren zusammen und zahlen dann auch gleich.
Gestern war ich bei Uzi Eli, dem jemenitischen Charakter aus dem Machane Yehudah Markt. Alles Gesunde kommt von Uzi !
Insbesondere Säfte wie Ingwer - Apfel, Etrog (Zitrusfrucht), Gat (uuuhhh, eine Droge), Apfel - Zimt, Ziegenjoghurt oder Granatapfel. Jeden freitag serviert Uzi Eli frei Haus kleine Oblaten mit verschiedenen Dips. Wo es etwas umsonst gibt, ist man dabei und so wird eingetunkt und sich hinterher schnell verabschiedet. In Jerusalem ist noch keiner verhungert. Hier der Dip und weiter oben im Markt die kostenlose Halva zum Probieren.
Bei Uzi kaufte ich ein braunes Gemisch, welches eine Mischung aus Pulver und Dip darstellt. Paprika, reines Olivenöl, Knoblauch und das Gewürz Zatar und fertig ist die Pampe. Etwas scharf und seltsam schmeckend, doch wirkt gegen Husten und Atembeschwerden. Daran erkrankt bin ich nicht, doch entwickelte ich gerade in Jerusalem eine Vorliebe für sephardisches Essen. Neben Laffa (plattes Fladenbrot) sind die Oliven eine Selbstverständlichkeit. Genauso wie Auberginensalat (angedünstete Auberginen), Pesto und Techina.
Mit Dip und einem Plastikbecher Ingwer - Apelsaft verliess ich den Markt und warf den leeren Becher in einen Karton neben einem dan der Ecke stehenden Magavnik (Grenzpolizisten). Ganz cool flog der Becher in der Karton, doch Magavnik meinte verdattert, dass hier kein Müll in den Karton zu schmeissen sei. Noch bevor ich "Wieso nicht" fragen konnte, fischte Magavnik den Becher heraus und ich sah, dass ich das Abendessen der Truppe zugemüllt hatte, auf welches der Soldat schwerbewaffnet aufpasste.
Uzi Eli in Action
he, so was tut man nicht, Müll in die Kiste mit dem Abendesssen!:)
AntwortenLöschenB"H
AntwortenLöschenNaja, so schlimm war es nicht. Das Abendessen der Soldaten war ja in Plastikfolie eingepackt.:-)