B"H
Tel Avivs Bürgermeister Ron Chulda'i machte bei einem Bildungskongress ein bestimmtes Statement und heute stürzt sich die Presse des Landes darauf. Haredim (ultra - orthodox) wie säkuler.
Gemäss dem Bürgermeister sind weite Teile der haredischen (ultra - orthodoxen) Gesellschaft aufgrund ihres limitierten Schulsystems ungebildet und man züchte da eine Generation heran, die den Ansprüchen des israelischen Arbeitsmarktes nicht gerecht und somit in der Zukunft auf Sozialhilfe angewiesen sein wird. Außer Talmud, Thora und Halacha werde nichts unterrichtet. Nichts da mit wissenschaftlichen Fächern, Sozialkunde, Geschichte, Mathematik oder Fremdsprachen wie Englisch.
Es war überaus interessant, die Kommentare zu den Zeitungsartikeln der haredischen Presse zu studieren, denn zahlreiche Haredim stimmen Ron Chulda'i absolut zu. Viele von ihnen würden liebend gerne akademische Studien aufnehmen, sind jedoch durch die Restriktionen der jeweiligen Gemeinde bzw. haredischen Ausrichtung gebunden und können nicht so, wie sie wollen. Ansonsten würden sie mit ernsthaften Benachteiligungen in der Gesellschaft versehen werden. Zwar existieren haredische Colleges, doch hier trauen sich letztendlich nur die etwas mehr Modernen hin und nicht der Hinterhof aus Mea Shearim (ultra - orthodoxes Viertel in Jerusalem).
Die haredische Gesellschaft in der Diaspora (z.B. Manchester, London oder New York) ist definitiv gebildeter und das Schulsystems auf einem höheren Level. In Israel dagegen bewegen sich viele haredische Schulen gen Null. Insgesamt lernen die Mädchen mehr Weltliches als die Jungen, denn für sie gibt es Englischunterricht. Nach der Heirat ernährt so manche haredische Frau die Familie, in dem sie arbeiten geht und der Mann lernt. Gute Jobs sind im Hightech Sektor zu finden und dort braucht der Angestellte Englischkenntnisse. Aus diesem Grund unterrichten viele haredische Schulen (wie in der Chassidut Vishnitz) Englisch. Bei Karlin - Stolin lautet ein Schulfach "Computer" und selbst in der extrem antizionistischen Chassidut Dushinsky arbeiten nicht gerade wenige Frauen. Zwar ohne Englisch, doch als Lehrerinnen.
Zu früheren Zeiten waren grosse Rabbiner gleichzeitig Wissenschaftler. Neben der jüdischen Religion standen Mathematik, Astronomie, Medizin, Physik und anderes hoch im Kurs. Der Abarbanel (Thorakommentator) aus dem Mittelalter war sogar spanischer Staatsmann. Heute hingegen kann ein haredischer Schüler kaum die jüdische Philosophie zitieren noch kennt er historische Zusammenhänge betreffend seines eigenen Volkes. Das einzige, was erfolgt, sind Auswendiglernereien der Mischna (mündliche Gesetze G - ttes an Moshe am Berg Sinai und Bestandteil des Talmud).
So mancher Rabbiner argumentiert, dass ein Tamudschüler aufgrund seiner anerlernten Logik in der Lage sei, Englisch oder Mathe innerhalb kürzester Zeit, wenn nötig, zu erlernen und nachzuholen. Dies allerdings scheint mir eher wie eine Ausrede. Nicht nur das Wissen, sondern ebenso das selbständige Denken fehlen. Wer kennt den Philosophen Chasdai Crescas, die Zitate des Rambam zu Aristoteles oder die politische Situation Israels zur Zeit der Kreuzritter ?
Verlange ich da zuviel ?
Offensichtlich schon, denn wer von den säkuleren Schülern kennt die Zusammenhänge ? Jede Legislaturperiode eine neue Regierung und somit ein neuer Bildungsminister. Rechts oder links, jeder Minister nach seiner Facon und die Schüler leiden darunter. Das gesamte Bildungssystem scheint irgendwie im Eimer, genau wie in vielen anderen Ländern auch. Und das, obwohl Israel stets die Errungenschaften in der Wissenschaft sowie der Hightech hervorhebt.
In der haredischen Gesellschaft jedoch bedeutet Bildung auch zugleich Macht und dieser Machtfaktor spielt sicherlich eine Rolle. Welcher Rabbiner will seine Anhänger allzu gebildet sehen ? Je weniger Bildung, desto eher behält das geistige Oberhaupt seine Führungsrolle. Mitglieder extremerer chassidischer Ausrichtungen kennen nur ihren eigenen Stadtteil und alles andere außerhalb wird als unrein betrachtet. Die einzigen, die den Hof jemals verlassen sind der Rebbe und seine Familie. Die wissen, was draußen abläuft, ihre Anhänger oftmals nicht.
Alle nur erdenklichen Pros und Cons können aufgelistet werden, doch Fakt bleibt, dass das haredische Schulsystem wirklich ganz unten ist.
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