Sonntag, 18. April 2010

"Yom Ha'Azamot - Tag der Knochen"

B"H

Am Montag abend und Dienstag feiert Israel seinen 62. Unabhängigkeitstag. Fast jeder Israeli geht dann hinaus ins Freie, grillt oder unternimmt Ausflüge in die Natur.
Fast jeder Israeli, aber nicht alle !

Alljährlich kommen die üblichen Diskussionen auf, ob und warum zahlreiche Haredim in Jerusalems berühmten ultra - orthod. Stadtteil Mea Shearim, anderen haredischen Stadtteilen oder in Bnei Brak bei Tel Aviv den Unabhängigkeitstag ignorieren. Für viele haredische Richtungen ist es ganz einfach ein normaler Arbeitstag ohne Grund zum feiern. Vor allem Chabad, die Satmarer Chassidim sowie die Neturei Karta bezeichnen den Tag als "Tag der Knochen" und der Trauer. Die Bezeichnung "Tag der Knochen" ist ein hebräisches Wortspiel. Der Unabhängigkeitstag heißt übersetzt "Yom HaAzma'ut" und man hat ihn symbolisch in "Yom HaAzamot" umbenannt.

In Mea Shearim gibt es zwei große Gruppen, die den Staat Israel ablehnen: Die Neturei Karta sowie die Edah HaCharedit, eine Organisation bestehend vor allem aus Satmar, Toldot Aharon, Toldot Avraham Yitzchak, Spinka, Teilen Breslovs, Anhängern des Vilna Gaon sowie den Mischkenot HaRoim und Dushinsky. Die Neturei Karta in Mea Shearim besteht nur aus einigen wenigen Familien, welche meistens im und um Beit Hungarin (ein Hinterhof nahe Mea Shearim Street) leben. Ihre Blühtezeit erlebte sie in den fünfziger und sechziger Jahren zu Zeiten der Rabbis Amram Blau (Bloi) und Aharon Katzenellenbogen. Heute wie damals besitzt die Neturei Karta einiges an Einfluß auf die Edah. Nicht, dass sie dort selbst vertreten sind, sondern viel mehr durch die Satmarer Chassidim.

Israel könne nur wieder als eigenes Land gelten, wenn der Meschiach kommt, so die zwei Gruppen. Alles andere wie der heutige Staat Israel sei G - tteslästerung. Israel wird nicht mit weltlichen Gesetzen regiert, sondern folgend der Thora und der Halacha (dem jüd. Religionsgesetz). Außerdem werde nur im Israel des Meschiach die hebräische Sprache benutzt. Dies ist der Grund, warum heute viele chassidische Gruppen im Alltag fast nur auf Jiddisch kommunizieren.

Die Neturei Karta, Satmar, Toldot Aharon u.a. sind dafür bekannt, dass sie KEINE israel. Busse (Egged) benutzen. Sie verfügen über eigene Krankenkassen und VERWEIGERN die israel. Sozialhilfe. Finanziert werden sie vor allem von anderen Chassidim aus den USA.
Wer am Unabhängigkeitstag durch die Straßen Mea Shearims geht, der sieht keinerlei israel. Flaggen ausgehängt. Nichts deutet auf einen Feiertag hin. 200 Meter weiter, in der Jaffa Road, sind die Feiern in vollem Gange, doch am Kikar Schabbat, in Malchei Israel und Mea Shearim Street ist von all dem nichts zu spüren. Einige wenige Geschäfte sind geöffnet und man sieht Schulkinder aus der Schule kommen.


Viele Jahre lang feierte ich den Unabhängigkeitstag fast genauso wie alle anderen Israelis auch. Mittlerweile aber hat sich das gelegt, was auf zwei Gründen basiert: Erstens lernte ich zwischenzeitlich eine Menge über die Gründe des Antizionismus und zweitens stellt man sich nicht selten die Frage, was eigentlich in unserem Land vorgeht und ob wir auf alles so stolz sein können. Statt vor dem Feiertag abends in die Große Jerusalemer Synagoge zu gehen, Hallel zu sagen (Psalmen 113 - 118), die Rede des aschkenazischen Oberrabbiners zu hören und dem Chor zu lauschen, beschränke ich mich auf einige wenige Kulturveranstaltungen. In diesem Sinne bin ich wohl kein überragender israelischer Patriot, dennoch bin ich froh, dass Juden ihr eigenes Land besitzen. Schon allein des ewig steigenden Antisemtismus im Ausland wegen, wo Israel den idealen Zufluchtsort bildet. Dennoch frage ich mich, ob ausgelassene und teilweise chaotische Feiern wie morgen abend auf dem Jerusalemer Zion Square (Kikar Zion) a la wildes Popkonzert etwas mit dem Unabhängigkeitstag zu tun haben. Feiern ja, doch ich denke, wir sollten gleichfalls G - tt fuer unser Land danken !

Nach ihrer Vertreibung aus Gush Katif weigerten sich sogar viele Nationalreligiöse die Unabhängigkeit zu feiern. Dann kam Olermt und alles wurde noch fraglicher. Korruption und Linke. Ist Israel ein Land, in dem sich ein relig. Jude wohlfühlt ? Nun haben wir Bibi Netanyahu und ich gebe zu, dass er das kleinere Übel gegenüber Zipi Livni ist.

4 Kommentare:

  1. Shalom,

    sicherlich, der Staat Israel ist alles andere als perfekt und noch weiter davon entfernt allgemein torahtreu zu sein, aber was wäre die Welt ohne den Staat Israel (cas we chalilah)? Meinen die Antizionisten (dummes Wort eigentlich) das sie in einem moslemischen Staat auch nur annähernd die Freiheiten hätten wie heute im Staat Israel? Allein aus praktischen Gründen ist das unsinnig.
    Dann die Sache mit den "Shalosh Tschuvot", will ich aus einem Midrash eine Halacha ableiten?

    Wie Du schon richtig sagst, man soll froh und dankbar sein das mal Jude den Staat Israel hat.

    Ich sehe das auch so, wilde Feiern habe ich ohnehin immer abgelehnt, ich finde dass das schon ein Nachmachen von goyischen Verhaltensweisen ist.

    Gush Katif was bislang das Übeleste was ich je gesehen habe, da hat sich vieles verändert. Vor allem wen man noch dazu bedenkt wie die Leute immer noch wohnen und wer eben die Mieten NICHT bezahlt.

    Shavuah Tov

    Joshua

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  2. B"H

    Da machst Du den typischen Fehler:

    Der Unterschied der Neturei Karta und jenen Gruppen der Edah HaCharedit besteht eben darin, dass NUR die Neturei Karta selbet einen Staat der Araber bevorzugt.

    Alle anderen lehnen dies ab !!!

    Wenn ich sehe, wie es im Ausland zugeht, bin ich sehr froh, den Staat zu haben.:-)))

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  3. Gut, ich meine jetzt natürlich ausschliesslich Neturei Karta.

    Klar, Neturei Karta wird von den meisten gemieden, das wissen wir ja.

    Ohne Israel wären Juden weltweit wieder Freiwild (cas we shalom!).

    Joshua

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  4. B"H

    Naja, nicht ganz Freiwild, denn G - tt ist ja auch noch da.:-)))

    Aber mit Israel haben die Juden immerhin einen Fluchtweg offen.

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