Donnerstag, 17. Juni 2010

Haredische Demos gegen Beschluss des Obersten Gerichtshofes



Die auf dem Photo gezeigten sephardischen Beit Yaakov Girls haben nichts mit dem Gerichtsverfahren gemein und ich photographierte sie lediglich an der Klagemauer.

Photo: Miriam Woelke

B"H

Seit Wochen oder sogar Monaten hetzen säkulere israelische Politiker, allen voran Zipi Livni, sowie die ebenso säkulere Tagespresse, allen voran Yediot Acharonot, gegen die israelisch - haredische (ultra - orthodoxe) Gesellschaft. Wenn es in Deutschland momentan Mode sein sollte, "Jude" als Schimpfwort zu benutzen, dann sehen sich die hiesigen Haredim einem entsprechenden Terror ausgesetzt. Vielerseits zu Recht, denn dieser Tage wird tatsächlich Politik auf ihrem Rücken betrieben. Andererseits kann man sagen, dass haredische Demos und das Steineschmeissen keinen guten Eindruck auf die Gesamtbevölkerung machen. Hierzu jedoch muss ich sagen, dass, wer die haredische Gesellschaft nicht kennt, sich die Belange und Gründe weniger vorzustellen in der Lage ist und deswegen seine Ablehnung kundtut.

Gleichsam ist es in Mode gekommen, dass zumindest in Israel jeder kleine Hansel sein Statement zur haredischen Gesellschaft abgibt. Uniprofessoren, die noch niemals Teil der haredischen Gesellschaft waren oder Autoren mit einer ebenso säkuler wie hasserfüllten Perspektive. Im Radio verbreiten sie ihre Statements, obwohl sie noch niemals mit der haredischen Gesellschaft zu tun hatten.

Die Tageszeitung Yediot Acharonot fährt heute eine mehrseitige Hasstirade gegen die Haredim auf. Ewig würden die nur demonstrieren und wir stehen unter der Knute.

DIE (Haredim) tun demonstrieren !

In der Stadt Yaffo neben Tel Aviv demonstriert die antizionistische Dachorganisation Edah HaCharedit gegen das unsachgemässe Entfernen menschlicher Knochen, um ein Haus auf dem Grundstück zu errichten.

Eine Demo ganz anderer Art findet heute erst in Bnei Brak (Ecke Rabbi Akiva / Chazon Ish Street) und danach in Jerusalem (am Russian Compound) statt:
Es geht wieder einmal um das "alte" Thema "Emmanuel" und die Schultrennung von sephardischen sowie aschkenazischen Mädchen.

Siehe Details hier:



Der sephardische Haredi Yoav Lalom ging mit seinem Vorhaben, die Trennung abzuschaffen bis vor den Obersten Gerichtshof und bekam Recht. Die Eltern der aschkenasischen Beit Yaakov Schülerinnen aus der Siedlung Emmanuel geben jedoch nicht auf und wollen für ihre Ideologie heute in den Knst gehen. Der Oberste Gerichtshof hatte bestimmt, dass aschkenazische Eltern aus Emmanuel, die ihre Kinder auch weiterhin nicht mit sephardischen Mädels zusammen lernen lassen, in den Knast müssen. Heute wird erst demonstriert und danach geht es in den Knast.

Tausende Haredim werden zu den beiden Demos erwartet und sogar der haredisch - litvische Halachaexperte Rabbi Yosef Shalom Eliyashiv kündigte seine Teilnahme an.

Beide Demos, die in Yaffo und die bezüglich der haredischen Beit Yaakov Schule in Emmanuel haben nichts miteinander zu tun, denn die Gruppen der Edah HaCharedit haben nichts mit den Gruppen der Beit Yaakov Girls, der Agudat Israel, zu schaffen. Bei der antizionistischen Edah wird man allerdings froh sein, dass man selber kein Geld vom Staat Israel nimmt und deswegen auch keine staatliche Einmischung in schulische Belange zu erwarten hat. Bei chassidischen Gruppen wie Gur, Belz oder eben, wie hier in Emmanuel bei der Chassidut Slonim, ist das anders, denn die Beit Yaakov Schulen erhalten stattliche Finanzspritzen.

Halten wir also fest, dass hier zwei unterschiedliche haredische Richtungen unterwegs sind, die beide ebenso verschiedene Absichten verfolgen. Dies wiederum wird in der israelischen Presse einsieitg dargestellt, denn dort heisst es lediglich "Die Haredim".

Die Demo gegen die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, dass sephardische und aschkenazische Beit Yaakov Girls zusammen lernen müssen, soll, nach Meinung der beteiligten Haredim, rückgängig gemacht werden. Ein Rabbiner entscheide und kein säkuleres Gericht, welche keine Ahnung vom eigentlichen Hintergrund hat.

Eben jenen langen Hintergrund in diesem Blog darzustellen, ist schon schwierig genug. Auf den allerersten Blick schaut alles nach Rassismus aus, wenn sich da aschkenasische Juden weigern, ihre sephardischen "Kollegen" in den Klassenraum aufzunehmen. Aber, wie ich bereits andeutete, gehört das aschkenasische Beit Yaakov in Emmanuel vorwiegend der chassidischen Gruppe Slonim und was haben sephardische Girls mit völlig anderer Herkunft, Mentalität sowie relig. Bräuchen dort zu schaffen ? Sobald ich mich auf einer bestimmten Schule anmelde, muss mich mir über deren Regeln im Klaren sein und nicht alles zu unterbinden versuchen. Wem es auf der Schule nicht passt, der kann gerne gehen.

Vor zwei Wochen sagte selbst der ehemalige sephardische Oberrabbiner Ovadiah Yosef, dass er eine schulische Trennung von Sepharadim und Ashkenazim befürworte. In Emmanuel lautet es, dass die sephardischen Girls gar nicht relig. genug seien, um bei den aschkenazischen Girls angesehen zu sein.

Warum, wie und was ist eine lange haredische Story und wer meinen relig. Hamantaschen - Blog bzw. meinen chassidischen Blog liest, hat vielleicht einen kleinen Einblick bekommen. Was wichtig ist, ist zu begreifen, dass der israelische Wahlkampf begonnen hat und jeder Politiker oder Möchtegern Themen hochsterilisiert, wo keine sind.

Yoav Lalom ist dieser Tage kein gern gesehener Gast. Selbst die sephardische Knessetpartei SHASS hält stumm Abstand. Mich würde interessieren, wer genau hinter Lalom steht und ob bei ihm politische Ambitionen mitspielen. Sicherlich ja, denn neulich gab er ein Interview, in welchem er diverse Statements von sich gab.

"Die Girls aus Emmanuel" also nur eine Wahlpropaganda ? Beabsichtigt Lalom eine eigene Partei jenseits SHASS zu gründen ? Schon allein deswegen kommt von SHASS kein Wort herüber.

Friedlich soll heute demonstriert werden. Mit Tehillim (Psalmen) und Gebeten. Dabei bin ich mir sicher, dass sich alles aufklärt, denn die Show der Agudat Israel gehört Knessetmitglied und derzeitigem stellvertretenden Gesundheitsminister Yaakov Litzmann, der da stets als Vermittler eingesetzt wird. Litzmann selbst ist eine One - Man - Abordnung des Rebben Chassidut Gur in der Knesset und ein Zünglein an der Netanyahu - Waage. 

Also doch fast im Zweifel für die Haredim ?

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Es ist mir klar, dass wahrscheinlich nur die wenigsten Leser mit dem Thema etwas anzufangen wissen, doch jeder ist eingeladen zu fragen, wenn Unklarheiten bestehen.

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