Montag, 21. Juni 2010

21. Juni 2010

B"H

Gemäss dem weltlichen Kalender feiere ich heute mein zehnjähriges Aliyahjubiläum ! 
An dieser Stelle beginnen die Leute stets mit ihren positiven oder negativen Aliyaherfahrungen. Nicht wenige kehren nach einer Weile wieder in ihre vorherigen Heimatländer zurück.

Meiner Meinung nach sollte Positives und Negatives miteinander verbunden werden. Niemand verspricht dem Neueinwanderer einen Rosengarten nach der Aliyah. Im Gegenteil, denn in der Regel muss jemand härter arbeiten als in Deutschland. Womit ich nicht die wesentlich höhere Anzahl der Arbeitsstunden meine, sondern das Drumherum: Eine neue Sprache zu erlernen, Wohnung und Job zu suchen, sich an neue Mentalitäten zu gewöhnen. Auf Ämter zu rennen, welche einen zur Verzweifelung bringen. Trotzdem sollte man dort nie aggressiv vorgehen, sondern ebenso mit einem Quentchen Humor, denn so ergeht es schliesslich allen Neueinwanderern. Wer das begreift und sich nicht ständig in den Mittelpunkt stellen will, der hat es einfacher. Auch bezüglich eines neuen Freundeskreises, welcher sich halt so ergibt.

Niemals zuvor hatte ich in meinem deutschen Leben soviele Freiheiten meine drei Jobs zu koordinieren und niemals zuvor hatte ich so tolle Arbeitskollegen (die zu Freunden wurden) wie in der Jerusalemer Bäckerei, in der ich arbeite. Sogar eine Facebook Group teilen wir unter uns.

Das Leben in Israel ist nicht einfach, aber verbissen darf man nichts angehen. Es gibt Leute, die kommen zurecht, andere nicht. Das ist keine Schande. 
Für mich persönlich standen bei der Aliyah relig. Beweggründe im Vordergrund, obwohl ich bis heute nie wieder ganz in die haredische (ultra - orthodoxe) Gesellschaft zurückgekehrt bin. Immerhin lebe ich in einem jüdischen Land und erspare mir viele Rechtfertigungen anderen gegenüber.

Bezüglich einer positiven Bilanz ist mir eine Karriere im Ausland weniger wichtig. Stattdessen steht das Zwischenmenschliche viel mehr im Vordergrund sowie Zufriedenheit und Lebensfreude. Nebenbei habe ich gleichsam die Schrecken hautnah miterlebt: Kurz nach meiner Aliyah begann die zweite Intifada. Als ich im Jahre 2002 in der Innenstadt lebte, hatten meine Mitbewohner und ich zwei Autobomben vor dem Haus. Zwei Freunde von mir wurden von Pali - Terroristen in die Luft gesprengt. Ich selber erlebte das Attentat in der Ben Yehudah (im Dez. 2001) mit. Der explodierte Bus Nr. 14 rollte an mir vorbei als er Stunden nach dem Attentat ins Polizeidepot abgeschleppt wurde.

Ich glaube es war im Jahre 2002 als ein Pali in der Jaffa Road (neben dem Zion Square) wild um sich schoss. Am Abend kam ich von der Arbeit und stand an einer Bushaltestelle als ich mit einer Frau ins Gespräch kam. Sie fragte mich, woher ich komme (wegen meines deutschen Akzentes im Hebräischen) und als sie hörte "aus dem Ausland" machte sie das erstaunlichste Statement, was ich soweit vernahm:

"Hier in Israel wissen wir wenigstens, wer unsere Feinde sind, im Ausland wissen wir das nicht".

Die Diaspora mag in vielen Dingen bequemer sein, doch richtig zuhause ist ein Jude dort nie. Und das bekommt er immer wieder neu zu spüren, egal wie sehr er sich auch assimiliert.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen