Samstag, 21. Januar 2012

Leserfrage: Als Nichtjude in Israel leben

B”H 

Neulich fragte mich ein Leser, wie viel Hate Mail ich denn so auf meine Blogs hin erhalte. Als israelischer Jude dürfte ich doch wahrscheinlich mit antisemitischen Parolen nur so überflutet werden. Meine Antwort darauf lautete, dass ich ganz selten einmal Hate Mail erhalte und wenn, dann lösche ich sie eh. Israelis besitzen eine Angewohnheit, für die sich Deutsche vielleicht schämen täten: Sobald wir Bemerkungen oder Gespräche mit einem Inhalt zu hören kriegen, wo wir genau wissen, dass eine Diskussion zu nichts führt bzw. diese nur Zeitverschwendung ist, beenden wir die Situation sehr schnell. “Yom Tov – Schönen Tag noch” oder einfach den Telefonhörer auflegen. Ferner besitzen Israelis die unglaubliche Fähigkeit, Menschen und deren Kommentare zu ignorieren.
Soviel also zu Hate Mail oder lästiger endlos Kommentare.

Antisemitische Post erhalte ich also selten und nun mag man als Nächstes meinen, dass ich mit Fragen zum Judentum bombardiert werden. Auch dem ist nicht der Fall. Das Topthema, zudem ich jedoch immer wieder neu befragt werde, fällt unter die Rubrik:

“Wie kann man als Nichtjude in Israel leben ?” 

Und dabei hätte ich mir andere Themen und sogar etwas Jüdisches gewünscht.:-)

Aktuell ereilte mich eine neue Anfrage, die ich hier auf dem Blog beantworte, denn sie interessiert sicherlich viele viele weitere Leser und ich wiederum spare mir all die e – mails zu beantworten.:-) 

Zur Leserfrage:

Was, wenn ein Nichtjude einen Israeli außerhalb von Israel ehelicht ? Welches Visum bekommt dann der Nichtjude, wenn er zusammen mit dem israelischen Ehepartner in Israel leben will ? 

Antwort: 

Keine Ahnung, denn ich arbeite nicht beim israelischen Innenministerium ! Hier jedoch eine Site von eben jenem Ministerium: 


Ich würde jedem, der in dieser Situation ist, empfehlen, sich mit den israelischen Behörden, sprich der Botschaft, auseinanderzusetzen. Besser ist es wahrscheinlich, in Israel ganz normal als Tourist einzureisen und dann mit dem Ehepartner eines der örtlichen Innenministerien (Misrad HaPnim) aufzusuchen. Allein Online nach einer Antwort zu suchen, halte ich für keine gute Idee, sondern man sollte eigenhändig bei den Behörden vorstellig werden und Auskunft einholen. 

Zur Jobsituation: 

Wie überall auf der Welt auch, ist es immer von Vorteil, wenn ein Jobsuchender die Landessprache spricht. In ein paar Monaten werde ich mich in einer Position wiederfinden, in welcher ich eventuell jemanden zeitweilig zur Entlastung einstellen könnte, um selbst nicht mit erneutem Burnout darniederzuliegen. Und selbst ich muss sagen, dass für die Position nur jemand in Frage käme, der die hebräische sowie die englische Sprache absolut fliessend beherrscht. Hinzu kommt, dass derjenige mit der israelischen Mentalität aufs Beste vertraut sein muss. 

Viele Leser argumentieren, dass sie ja einen Hochschulabschluss besitzen und folglich die Jobsuche in Israel leichter fallen dürfte. Was glaubt Ihr, wie viele jüdische Akademiker täglich nach Israel einwandern (Aliyah machen) ? Amerikaner, Franzosen, Briten, Australier, Kanadier, etc. Hinzu kommen all die Tausende israelische Uniabsolventen, die ebenfalls Jobs suchen. 

Die traurige Tatsache ist, wie bei vielen Ausländern in allerlei Ländern, dass man sich darauf vorbereiten sollte, von ganz unten anzufangen. Ganz unten. Natürlich kann jeder Glück haben und den super Job finden, doch selbst unter regulären Neueinwanderern nach Israel ist diese Vorstellung eine Seltenheit. Zu sehr sind die Neuankömmlinge damit beschäftigt, die Landessprache zu erlernen und sich auch so zu akklimatisieren. Darüber hinaus tut sich das israelische Erziehungsministerium nicht immer leicht damit, ausländische Hochschulabschlüsse anzuerkennen bzw. denselben Status beizumessen, wie das bei israelischen Akademikern der Fall ist. 

Rentenversicherungen, Sozialversicherungen (Bituach Leumi) nehmen, soweit ich weiss, auch Nicht – Israelis auf. Ob zu denselben finanziellen Bedingungen, kann ich nicht sagen. 

Krankenversicherungen ? Kann ich ebenso wenig sagen, doch werden in der Regel nur Staatsbürger genommen. Die Kupat Cholim Clalit jedoch akzeptiert Kibbutzvolontäre. 

Ein jüdischer Neueinwanderer erhält bei all diesen Fragen Hilfestellungen, einem Nichtjuden, der mit einem Israeli verheiratet ist, wird diese Hilfestellung nicht gegeben. Bedeutet, derjenige muss sich selbst um alles kümmern und allem hinterher rennen. Hinzu kommt, dass er garantiert nicht immer freundlichst behandelt wird, denn nicht selten ist er ein Störenfried a la “Was hat der hier zu suchen ?” 

Wie gesagt, die Online Suche ist bei dem Thema keine gute Idee, sondern nur die persönliche Vorsprache beim Innenministerium. Und wahrscheinlich auch bei der Bituach Leumi und eventuell einer Krankenkasse. Zu Letzteren kann ich keine Auskünfte geben, denn ich befand mich noch nie in solch einer Situation, sprich, ich machte Aliyah nach Israel. 

Abgesehen von all dem Behördenkram möchte ich noch etwas Wesentliches zu bedenken geben: Wer als Nichtjude nach Israel zieht, der wird niemals so richtig dazu gehören. In relig. Kreisen sowie so nicht und in vielen säkuleren Kreisen ebenso wenig. Immer wieder wird man daran erinnert, kein Jude zu sein. Nicht immer offensichtlich und laut, doch hinter dem Rücken wird nun einmal geredet. Besonders gern bei Familienfesten wie Bar Mitzwah oder Hochzeiten. Wenn alle beisammen sitzen und man selber steht doch irgendwo nur nebendran. Das tut weh, ist aber nicht zu ändern. 

Ich denke, dass jemand, der sich in solch einer Situation, heisst Nichtjude zu sein, wiederfindet, Israel zuerst auf befristete Zeit erkunden sollte. Bei Ämtern vorsprechen und sich die Jobsituation ansehen. Auf keinen Fall daheim einfach alles aufgeben und in eine unbekannte Zukunft ziehen.

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