Donnerstag, 29. März 2012

Mietalltag in Tel Aviv


Downtown Ramat Gan bei Tel Aviv

Photo: Miriam Woelke
B"H

"Vergesst heute nacht bloß nicht das Umstellen der Uhren auf die Sommerzeit. Eine Stunde vor. "
So jedenfalls hiess heute der meistgehörte Satz bei mir auf der Arbeit. Immerhin müssen wir morgen früh pünktlich zum Dienst antreten.

Seit ein paar Wochen werden bei uns wieder vermehrt Studenten zur Aushilfe beschäftigt. Oder eben jene Jungakademiker, die Filmwissenschaften studiert haben und sich, wie es so schön heisst, auf dem Arbeitsmarkt noch nicht zurecht finden. Ein solcher Filmwissenschaftler arbeitet seit kurzem bei uns. Er zieht seine eigenen Filmprojekte durch, doch schliesslich muss er die Miete in seiner WG zahlen. Tel Aviv ist bekanntlich irrsinnig teuer, doch die beste Stadt für Film und Presse. Unsere neue BWL – Studentin meinte, sie hätte überall arbeiten können, denn Studentenjobs gebe es viele in der Stadt. An einem Eisstand hatte sie für 24 Schekel pro Stunde (ca. 4,80 Euro) ein Jobangebot, doch der Job bei uns mache sich besser im Lebenslauf.:-)

Auf einer deutschen Website beantworte ich gelegentlich Fragen zum Thema ISRAEL & JUDENTUM. Die Anfragen werden mir vom Webbetreiber auf die e – mail Adresse gesandt und heute gab es wieder neue Fragen. Manche sind sehr interessant, aber die Mehrheit der Fragen klingt fast immer gleich: In Israel leben. Wie und wieviel Miete ? Und das von Leuten, die noch nie zuvor hier im Land waren und es somit gar nicht kennen.

Wie bereits Tausende Male erwähnt: Die Mieten in und sogar schon um Tel Aviv sind teuer. Der Preis mag für einen Westeuropäer gar nicht einmal so schlimm klingen, doch wer einige Zeit lang in Tel Aviv lebt und arbeitet, der muss ganz schön klotzen, um die Rechnungen zu zahlen. Und, leben will man ja auch noch. Mietkaution zwei oder drei Monate im voraus sind auch in Israel üblich. Touristen werden bei der Wohnungssuche teilweise abgezockt und in Tel Aviv haben sich daher einige Vermieter ganz auf Touristen eingeschossen. Ferner ist es üblich, dem Vermieter zwölf unterschriebene Bankschecks auszuhändigen, damit er monatlich die Miete eintreiben kann. In Israel werden Wohnungen gewöhnlich auf ein Jahr vermietet und danach wird umgezogen oder der Mietvertrag verlängert. Eine Verlängerung bringt in den meisten Fällen auch gleich eine Mieterhöhung mit sich.

Eine weitere Frage an mich lautete, dass man gehört habe, Vermieter ändern je nach Belieben die Miete. Das stimmt nicht ganz, denn immerhin hat der Vermieter einen Vertrag in der Hand. Vor wenigen Jahren noch wurden die Mieten in Dollar bezahlt und damals wurde allmonatlich der entsprechende Schekel – Gegenwert errechnet und die Miete überwiesen. Stieg der US - $, so stieg auch die Miete des jeweiligen Monats. Seit ein paar Jahren werden die Mieten jedoch in Schekel angegeben, denn der Dollar war immer tiefer eingebrochen.

Weiterhin kann es sein, dass der Vermieter den Mietvertrag bei einem Anwalt festlegen läßt und der Mieter zu dem Termin ein oder zwei Zeugen mitanschleppen muss, die unterschreiben, dass sie im Notfall für die Miete einspringen. Ich habe so etwas nie gemacht und trotzdem stets eine Wohnung gefunden. Der Markt aber ist umkämpft und mittlerweile werden auch schon einmal Kontoauszüge oder Arbeitsverträge zur Einsicht verlangt. 

Eine Kundin von uns fand letzte Woche nach dreimonatiger Suche einen Platz in einer Tel Aviver WG. 2000 Schekel (ca. 400 Euro) Miete und eine weitere Mitbewohnerin. In Downtown Tel Aviv, Nachalat Binjamin. Ein guter Preis für die Lage. Kaution wird verlangt und die Kundin war bereits am Rechnen, wie sie das alles zusammenkriegt. Während ihrer Wohnungssuche lebte sie in einem Hostel und will sich nun vorerst eine Second Hand Matratze anschaffen, denn aufgrund der Kaution und den Nebenkosten kann sie sich momentan noch kein Bett leisten. Aber immerhin raus aus dem Hostel. 

Wer in Tel Aviv oder Jerusalem eine Bleibe sucht, der braucht einiges an Geld und Geduld. Oft erscheint die Miete gar nicht so hoch, doch die Frage nach den Nebenkosten darf nie ausbleiben. Wasser, Strom, Gas, Telefonanschluss, Va’ad Bayit (Hausmeisterdienste) sowie die berüchtigte Arnona (Stadt – und Grundsteuer). Die Arnona variiert von Stadtteil zu Stadtteil und macht oft eine richtigen Batzen der Nebenkosten aus. Mehrere Hundert Schekel pro Monat. Was die Bewohner von Herzliya und Ra’anana an Arnona zahlen, will ich erst lieber gar nicht wissen. Zur Grundmiete dürft Ihr also teilweise nochmals 1000 Schekel (200 Euro) Nebenkosten hinzurechnen. Zumindest jeden zweiten Monat. Ganz zu schweigen davon, wenn einmal etwas kaputt geht. 

Was die Jobsuche in Israel betrifft: Die Beherrschung der hebräischen Sprache ist extrem wichtig ! Aber nicht nur das zählt, denn ein Arbeitgeber achtet besonders auf die Chemie des Kandidaten. Er muss in den Betrieb passen, sonst wird das nichts. Dieses "Hineinpassen" kam mir bisher in Israel immer viel wichtiger vor als jemals zuvor in Deutschland. Israelis haben ein Gespür dafür, wenn etwas nicht stimmt und so werden Kandidaten allein aus dem Grund abgelehnt. Man passe halt hier nicht her und solle es lieber anderweitig probieren. 

In vielen Jobs hat man als Neuling einen schweren Stand und die Mentalität ist vollkommen anders als in Deutschland. Oft gehen die Kollegen aufeinander los, beschimpfen sich aufs Schlimmste und es fliegen die Fetzen. Die dumme Anmache darf man nie allzu ernst nehmen und muss lernen, damit umzugehen. Dies gilt besonders dann, wenn jemand, wie ich, mit israelischer Kundschaft zu tun hat und Tausenden Wortgefechten ausgeliefert ist. Nicht jeder bleibt dabei cool und schluckt das eiskalt herunter. Bei mir geht  mittlerweile alles hier rein und da raus. 

Was ich damit sagen will ist, dass alles Geld oder Bildung nichts bringt, wenn Ihr nicht in den Betrieb passt oder an der Mentalität scheitert. Letzteres ziehen die Leute nie in Betracht und wenn es dann soweit ist, kriegen sie die Krise und hauen wieder ab nach Deutschland.

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