Mittwoch, 5. November 2008

Die "glorreichen" Helden


Der "Kastner - Zug" im Jahre 1944


B"H

Was lernt man nicht alles im Geschichtsunterricht bezüglich der Gründung des Staates Israel ? Die gegen die Briten kämpfenden Haganah / Palmach sowie Irgun / Lechi / Etzel - Truppen werden meist nur oberflächlich angesprochen, denn symbolisieren sie uns irgendwie die glohrreichen Helden aus der Zeit vor der Staatsgründung und des einstigen Britischen Mandats.
Da hatten einige wenige Juden den Holocaust mehr recht als schlecht überlebt und unzählige Opfer bringen müssen und dann ließ man sie noch nicht einmal nach Palästina einreisen. Dort nämlich hockten die Briten, die nur allzu gerne Bündnisse mit den Arabern eingingen und schon aus dem Grunde nicht viele Juden anch Palästina einreisen liessen. Man wollte keine Konflikte schüren und deswegen ging man brutal gegen die jüdischen Widerstandskämpfer vor. Wer sich dafür näher interessiert, der kann das ehemalige britische Gefängnis für Irgun - Kämpfer in Jerusalem, in der Shivtei Israel Street, hinter dem Rathaus, anschauen.

Alle gegen die Briten so denkt man naiverweise. Nein, dem war ganz und gar nicht so, denn Ben Gurions Haganah führte ebenso ihren eigenen Kleinkrieg gegen die Irgun, welche zuletzt vom späteren Ministerpräsidenten Menachem Begin geleitet wurde. Ben Gurion zierte sich nicht mit den Briten gegen die eigenen Landsleute zusammenzuarbeiten und selbst Irgun - Mitglieder kidnappen zu lassen, um sie dann an die Briten auszuliefern.

Eine Folge der Zeitumstände ? Wohl kaum, denn derzeit beschäftige ich mich eingehend mit dem "Kastner Zug", welcher nach der deutschen Invasion Ungarns etwas später mit fast 1700 Juden an Bord Ungarn verließ und über Bergen Belsen in die Schweiz gelangte. Von einem Rudolf Kastner ist da die Rede. Ein Abgesandter der Jewish Agency sowie Parteimitglied in Ben Gurions MAPAI - Partei.

Es gibt unzähliges auszuwertendes Material zum "Kastner Transport". Warum kamen diese 1700 Juden frei und weitere 400.000 Juden wurden nach Auschwitz deportiert ? Warum arrangierten sich die Nazis mit Kastner, obwohl sie europaweit schon Millionen Juden umgebracht hatten ? Was machten da noch die ungarischen Juden aus ? Und das im März 1944 ! Wieso war es dem Juden Kastner erlaubt, in einem Wagen herumzugondeln und Eichmann ständig zu treffen ?

Während all meiner bisherigen Recherchen traf ich auf Material, was die israelischen Staatsgründer, insbesondere David Ben Gurion oder Moshe Sharett nicht gerade glanzhaft erscheinen lassen. Im späteren Prozeß gegen Kastner wurde dieser der Kollaboration mit den Nazis sowie der Mitschuld an der Ermordung von 400.000 ungarischen Juden bezichtigt. Jedenfalls zu Beginn der "Kastner Prozesses" in Jerusalem Mitte der 50iger Jahre erleben wir eine Ben Gurion Regierung, die sich geschlossen hinter Kastner stellte. Dieser war damals Sprecher im Handelsministerium, hatte aber höhere politische Ambitionen.

Kastner log offenbar vor Gericht was das Zeug hielt. In Ungarn habe er mit dem SS - Mann Kurt Becher zusammengearbeitet, dem er während der Nürnberger Prozesse ein Affidavit lieferte. Der SS - Massenmörder Becher kam so unbescholten davon und Kastner hielt den Kontakt zu Becher auch nach dem Kriege aufrecht. In der Zwischenzeit war der SS - Mann Kurt Becher zum Spezi Konrad Adenauers geworden und Adenauer wiederum unterhielt freundschaftliche Beziehungen zu David Ben Gurion. Kein Wunder also, dass Ben Gurion an einer Weißwäsche Kastners interessiert war. Und was wäre aus Adenauer und seinen Nazifreunden geworden ?

Bei allem bleiben die ungarischen Juden auf der Strecke. Jene 400.000, die innerhalb von ca. 2 - 3 Monaten in Auschwitz vergast worden sind. Aber wen kümmerte diese Tatsache während des "Kastner - Prozesses" im Jahre 1954 und wen kümmert es heute ?

In Israel ist Kastner nach wie vor ein Thema und ich werde immer wieder vermehrt darauf eingehen. Derzeit beschäftige ich mich mit dem Buch "Perfidy" des Hollywood Screenwriter Ben Hecht. Ben Hecht sieht Kastner als Dämon, welcher in seinem Gerichtsurteil zu recht als "seine Seele dem Teufel verkauft zu haben" bezeichnet worden war. Für Hecht sowie später für Hannah Arendt ist Rudolf Kastner das Böse. Ein Jude, der den Nazis half, 400.000 ungarische Juden schnellstens und problemlos nach Auschwitz zu deportieren und zur Belohnung 1700 freibekam.

Dazu gibt es Meinungen, die Kastner als Held und als Opfer seiner Zeit sehen. Er habe sein Bestes gegeben und immerhin kamen 1700 Juden frei.

Was mich jedoch mächtig schockiert, ist die Rolle der Jewish Agency sowie die des David Ben Gurion und anderer Staatsgründer. Leider kommt davon heute nur noch allzu wenig zur Sprache, denn Israel hat andere Probleme. Und zweitens darf nie übersehen werde, dass es die Deutschen waren, welche die Juden ermordeten.


Links:

http://hamantaschen.blogspot.com/2008/10/die-ungarischen-juden-und-der-kastner.html

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