B"H
Bei der in der vergangenen Woche stattfindenden Bloggers Convention machte uns der Veranstalter Nefesh Be'Nefesh immer wieder darauf aufmerksam, dass wir Schreiberlinge doch ja die weltweite Aliyah (Auswanderung nach Israel) propagandieren sollen. Kurz gesagt, wir schreiben und morgen rennt alles zu Nefesh Be'Nefesh und beantragt sofortige Einwanderung nach Israel.
Obwohl ich in diesem Blog viel über das Leben und die Zustände in Israel berichte, sehe ich mich dennoch keinesfalls als Aliyah - Propagandamaschinerie. Persönlich bin ich jedoch der Meinung, dass ein Jude in Israel leben sollte; und dies nicht nur aus relig. Gründen. Zionismus - okay, aber des Weiteren spielen praktische Gründe ebenso eine bedeutende Rolle. Für mich ist es leichter, mich in einem Land (Israel) wohlzufühlen, in dem ich mich meiner Religion wegen rechtfertigen muß. Wenn ich von Rosh HaShana (jüd. Neujahrsfest) oder von Purim rede, dann weiß selbst der säkulerste Israeli so ungefähr, von was ich da rede. Und ich brauche nicht zu einem Boss laufen, den ich um Urlaub bitte, wobei ich gleichzeitig die jüdische Religion erörtern muß.
Die Organisation "Nefesh Be' Nefesh" gilt heute neben der "Jewish Agency" als größte Aliyah Organisation. Jeder Jude hat das gesetzliche Recht, nach Israel einwandern zu können und wer sich für solch ein Vorhaben entschließt, der mache einen Termin bei eben einer der beiden Organisationen aus. Das Problem ist nur, dass Nefesh Be'Nefesh ausschließlich nur mit Briten, Franzosen, Amerikanern und Kanadier arbeitet. Alle anderen Länder kleben nach wie vor an der Jewish Agency, die da die Aliyah organisiert.
Trotz aller positiven Punkte hagelt es für Nefesh Be'Nefesh allerdings auch Kritik. Zum einen werden da Spendengelder von amerikanischen Evangelisten angenommen. Fanatische Christen, die da so ihre eigenen Pläne mitpendeln lassen. Unter anderem, dass man soviele Juden wie möglich nach Israel bringen, sie dann zum Christentum missionieren will, um somit eine Rückkehr des falschen Meschiach J. C. herbeizuführen. Geradezu absurd, doch Nefesh Be' Nefesh nimmt das Geld ja offenbar an. Genauso wie die Jewish Agency auch.
Daher weisen mich viele Bekannte darauf hin, Juden aufzurufen, direkt nach Israel zu fliegen, um hier auf dem jeweiligen Innenministerium die Aliyah zu beantragen. Nicht jeder muß nur mit einer Aliyah Organisation kommen. Und insbesondere sephardische Israelis, die einmal teilweise zufuß aus Marokko, Tunesien, dem Irak, dem Iran, dem Jemen oder aus Syrien nach Israel kamen, weisen mich stets darauf hin, dass sie ohne einen Pfennig in der Tasche ankamen. Und nur mit der Kleidung, die sie auf dem Leibe trugen. Niemand habe sich in den 50iger oder 60iger Jahren auch nur eine Sekunde um sie gekümmert oder ihnen geholfen. Nichts haben sie bekommen; keinen Mietzuschuß, kein kostenloses Taxi vom Flughafen und kein Cash von mehr als 20.000 Schekeln (ca. 4000 Euro). Man habe gehungert und von ganz unten begonnen. Darauf sind die Leute heute noch stolz und schauen argwöhnisch auf die heutigen Neueinwanderer, die da vor allem von Nefesh Be' Nefesh für ihre Aliyah auch noch reichlich bezahlt werden. Kohle vom Staat Israel und von der Organisation obendrein. Alles werde den Neueinwanderern heute nur so in den Hintern gesteckt. Das sei ja schrecklich. Und was bringen die uns überhaupt ? Sind die Teil unserer, der israelischen, Gesellschaft ? Die Anglos lernen ja noch nicht einmal richtig Hebräisch und hängen lieber in ihren London - New York - New Jersey oder Toronto Anglo - Cliquen herum und meinen, sie seien jetzt wer weiß was.
Dieses "Wer - weiß - was - Gefühl" bekam selbst ich auf der Convention mit, wo es hauptsächlich um westliche Einwanderer ging. Und die Anwesenden selbst schienen gänzlich zu vergessen, dass sie inmitten einer Stadt (Jerusalem) sitzen, in welcher die sephardischen Juden die Mehrheit darstellen. Genau diese Aspekte stören mich bei vielen welstlichen Neueinwanderern. Die absolute Priorität nach meiner Aliyah, und selbst vorher, nahm für mich die Assimilation in die israelische Gesellschaft ein. Bis heute lege ich hohen Wert darauf mit Israelis zusammen zu sein. Mit gebürtigen Israelis. Dazu gehören auch perfekte Sprachkenntnisse der heimischen hebräischen Sprache und derjenige, der sich richtig einlebt und mit Israelis kommuniziert, der bekommt automatisch ein anderes Bild von der Gesellschaft als ein Anglo, der die "Jerusalem Post" liest und sich im Supermarkt aufregt, weil niemand Englisch spricht.
Israeli kann man sich aufgrund seiner neuen Staatsbürgerschaft nur allzu leicht nennen. Aber bedeutet der Te'udat Zehut (Personalausweis) automatisch eine Identifizierung mit der Gesellschaft ? Nein, keineswegs, denn dazu gehört mehr als ein Plastikdokument. Wer in Israel ankommt, der sollte sich einen israelischen Bekanntenkreis aufbauen, auf den Hintern setzen und die Sprache erlernen und überhaupt die Mentalität lieben lernen. Es stimmt, alles ist gewöhnungsbedürftig und nicht einfach. Israel ist garantiert kein Zuckerschlecken und anfangs geht man schon einmal vor Heimweh die Decke gewaltig hoch. Vor allem dann, wenn man hilflos dasteht und der Busfahrer einen vor allen Fahrgästen ankeift. Dann ist der Moment gekommen, in dem man sich mit den Asylanten in Deutschland identifiziert. Aber bei jeder dieser negativen Erfahrungen sollte nie der Grund aus den Augen verloren werden, warum ein Jude in diesem Land wohnt. Kein Neueinwanderer hat es einfach und Israel bedeutet nun einmal eine Kämpferei. Doch mit jedem weiteren Schritt erlangt man auch einen gewissen Stolz es geschafft zu haben. Und am Ende wird mit einem Schmunzeln auf all die Jahre des Anschreiens und des Fehlermachens zurückgeschaut.
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