B"H
Wenn ich mich denn einmal dazu aufraffe, Online – Foren zu lesen, dann sticht nicht selten eine Ansicht hervor:
"Jemand will auf Teufel kommt heraus unbedingt in Israel leben".
Eigentlich verstehe ich es ganz und gar nicht, dass jemand als Nichtjude ernsthaft daran denkt, nach Israel ziehen zu wollen. In einem ehemaligen Kibbutz traf ich einmal kurz ein junges Mädchen, die nach Israel gekommen war, um hier zu leben. Das war auch das Einzige, was sie wußte. Im Kibbutz bat man mich, der Betreffenden doch lieber die Probleme zu erklären, die mit solch einer Entscheidung verbunden sind. Schon am nächsten Tag verließ sie den Kibbutz und ich habe keine Ahnung, was aus ihr geworden ist.
Derzeit ist es nicht unbedingt ratsam, ausgesprochen blauäugig einfach so nach Israel zu fliegen. Viele geben dabei ihre deutsche Habe auf und meinen, es werde schon alles werden. Denjenigen sei gesagt, dass das israel. Innenministerium keinen Visumspaß versteht. Die Visaverlängerung wurde drastisch eingeschränkt. Und was, wenn das Visum nach den üblichen drei Monaten abläuft ? Um eine erneute Verlängerung von drei Monaten kann gebeten werden, aber dann ? Ganz zu schweigen von den Lebenshaltungskosten. Israel ist ein teures Land. An solche "Kleinigkeiten" denken die wenigsten, die sich einfach so auf den Weg machen. Job finden ist auch schlecht geworden. Vor allem, weil Touristen nicht mehr so einfach schwarz eingestellt werden. Es droht die Ausländerpolizei und die Abschiebung.
Wie also überleben ? In einen Kibbutz gehen und voluntieren ?
Das ist die einfachste und bequemste Lösung, die jedoch auch irgendwann an der Visavergabe scheitert. Irgendwann ist Schluß mit lustig und es gibt kein neues Visum mehr. Dann wird umdisponiert und eine zeitlich begrenzte Aufenthaltsgenehmigung beantragt. Aber auch damit ist nichts mehr, denn wer keinen triftigen Grund für seine Anwesenheit in Israel hat, kann derlei Genehmigung vergessen. Schnell irgendwo zu voluntieren garantiert keine Aufenthaltsgenehmigung.
Und einen Israeli heiraten ?
Das ginge durchaus und die Aufenthaltsgenehmigung und eventuelle sogar die Staatsbürgerschaft könnte winken. Allerdings reagieren Israelis unterschiedlich auf derlei geschlossene Ehen. Nichtjüdische Ehepartner hängen fast immer in einem Status des "Ach, derjenige hat halt wegen der Staatsbürgerschaft geheiratet". Man schaut nicht selten herab und das ist immer eine überaus unangenehme Situation.
Illegal bleiben ?
Trotz Ausländerpolizei sind mir einige bekannt, die sich im illegalen Status befinden. Ständig Angst vor Entdeckung haben zu müssen, ist kein Leben. Und was geschieht, wenn der Betroffene krank wird ?
Mir passiert das nicht, denn ich komme schon klar.
Der Meinung sind anfangs fast alle. Schnell erkennt jedoch die Mehrheit, dass es nicht so einfach ist, wie sie dachten. Die Bürokratie frißt einen auf und irgendwann kommt allmählich der Punkt an dem man sich sagt: "Bis hierher und nicht weiter. Habe ich das nötig ?" Dann wird der Rückflug ins Heimatland gebucht und letztendlich ist man froh, wieder wer zu sein.
Eine belgische nichtjüdische Freundin aus meinem letzten Ulpan zog einmal in Erwägung, in Israel bleiben zu wollen. Sie hätte sogar heiraten können, denn ein Freund war vorhanden. Liebe und keine Visahintergedanken. Seine Familie aber akzeptierte sie nie, da sie keine Jüdin war. Konvertieren wollte meine Bekannte nicht. Nach mehr als zwei Jahren hin und her hatte sie die Nase voll. Die ewigen Visakämpfe, die ablehnenden Eltern ihres Freundes, ihre Putzjobs, alles kam zusammen. Eines Tages eröffnete sie mir, dass sie es nicht nötig habe, in Israel illegal putzen zu gehen, wo sie daheim in Belgien einen Uniabschluß hat. Sie wolle zurück nach Belgien und sich dort ein Leben aufbauen. Ohne Visum, putzen und einer Gesellschaft, die sie als Außenseiter sieht. Als ich sie später in Belgien besuchte, meinte sie, dass die Entscheidung, Israel zu verlassen, absolut richtig gewesen war. Wozu herumkämpfen, wenn es in den wenigsten Fällen zu etwas führt ? Und das, obwohl sie fast perfekt Hebräisch spricht.
Ja, das scheint so ein Hippietraum zu sein, ich treffe auch öfter Leute, die am liebsten "einfach in Irael leben" würden.
AntwortenLöschenLeider kommen heute viele Kibbuzim ohne Volunteers aus. Und das ist auch auf die Dauer kein Leben...
Es wird auch glaube ich zunehmend schwieriger.
B"H
AntwortenLöschenKibbutzim ohne Volunteers ?
Ich dachte immer, die Volunteers werden haenderingend gesucht.:-)
Das Innenministerium hat schon seit Jahren die Visaverlaengerungen fuer Volunteers eingeschraenkt. Zu meiner Zeit konnte man noch 2 - 3 Jahre beiben, doch heute nur noch ein paar Monate.
na ja, man kann als nichtjude auch glück in israel haben.
AntwortenLöschenmir kann zumindest niemand vorwerfen, ich würde nur die staatsbürgerschaft wollen, denn die steht mir zu und ich will sie gar nicht. putzjob hab ich auch noch nie gehabt, sondern sofort in meinem alten beruf arbeit gefunden.
die familie akzeptiert einem auch dann nicht unbedingt, wenn man konveriert hab. man bleibt immer ein außenseiter.
man muss sich das schon sehr gut überlegen, ob man hier leben will. kommt sicher drauf an, woher man kommt.
mir tun nur die armen schlucker leid, die aliyah gemacht haben, ihrem lebenstraum gefolgt sind und dann alleine in israel sitzen ohne arbeit und familie.
das innenministerium gibt touristen aus bestimmten ländern nur noch 1 monats-visa aus. auch israel hat genug von wirtschaftsflüchtlingen.
B"H
AntwortenLöschenStimmt, man kann Glueck haben. Aber wahrscheinlich haben das die wenigsten, denn aktuell scheitert es am Visum.
Dass die Familie Konvertiten nicht akzeptiert, trifft nicht immer zu. Es kommt auf den Einzelfall und deren Herkunft an. Wohingegen Nichtjuden irgendwie nie dazu gehoeren. Ich denke, dass noch etwas mehr zur Identifizierung mit dem Land und dem Juedischen Volk gehoert als ein Teudat Zehut (Personalausweis).
Auch die "armen Schlucker" koennen ihre Situation aendern, denn keiner ist gezwungen, allein daheim zu sitzen. Eher im Gegenteil, in Israel lernt man sehr schnell neue Leute kennen und kann sich zusammentun.
Das mit dem Ein - Monats - Visum ist mir bekannt. Mit den Jahren wurden es einfach zuviele Leute, die einfach hierbleiben wollten.
Was ich nicht verstehe ist, warum niemand an seine soziale Absicherung denkt. Als Staatsbuerger hat man alle Rechte, Krankenversicherung und soziale Absicherungen wie Rente, Arbeitslosengeld. Mit einem Touristen kann doch jeder machen, was er will. Ich kenne einen Illegalen, der schwarz in der Altstadt arbeitet und noch nicht einmal Fahrgeld bekommt, wie es jedem Staatsbuerger zusteht. Viele Arbeitgeber nutzen solche Angestellten nur aus.
hallo miriam!
AntwortenLöschenja, du hast recht, das kommt sicher auf die familie an. bei mir ist es die schwiegermutter aus marokko.
ein tehudat zehut macht einem natürlich nur zu einem staatsbürger, nicht zum teil des jüdischen volkes, aber es ist für mich der erste schritt auf einem langen weg dorthin. manchmal läuft es halt ein bisschen umgekehrt, bis man das ziel erreicht.
ich verstehe auch nicht, wie man ohne krankenversicherung in einem land leben kann. ich kenne einige, die nicht bereits sind, diese paar schekel für eine privatversicherung zu zahlen. mit der ist man aber als tourist auch nicht völlig abgedeckt, nur für notfälle. eine schwangere russin aus meinem ulpan musste 1000 dollar für die entbindung zahlen.
bekommst du eigentlich jetzt auch pension, wenn du nicht voll beschäftigt bist?
B"H
AntwortenLöschenDie Mehrheit ist sicher der Meinung, das sie nicht krank werden und man daher nicht in eine Krankenversicherung investieren muss.
Ich kenne Touristen (Illegale), die halt in das arab. Viertel Jerusalems rennen und sich dort von palaestinensischen Aerzten billiger versorgen lassen.
Da kostet das nur 50 Shekel oder so.
Ich gebe relig. Vortraege und muss mich selber kranken - bzw. altersversichern. Aber das geht ohne weiteres voellig problemlos.