Mittwoch, 13. Februar 2008

Abriß einer Legende

B"H

Wer wie ich einmal in Ramat Gan (neben Tel Aviv)wohnte oder noch wohnt, der kann den Nostalgieschmerz nachvollziehen.
Gestern nämlich wurde das im Jahre 1934 gebaute ELITE - Gebäude abgerissen, denn demnächst soll an gleicher Stelle ein weiteres monströses Hochhaus entstehen. Luxusapartments, Shops und Büros.

ELITE steht für die ehemalige deutsch - jüdische Familie Federmann, die nach ihrer Flucht vor den Nazis in Israel die größte Schokoladenfabrik eröffnete. Es gibt heute niemanden in Israel, der die ELITE - Produkte nicht kennt.

Wie oft ging ich an der Fabrik in Ramat Gan vorbei und stets roch es nach frischer Schokolade ? Insgesamt ist Ramat Gan nicht mehr das, was es einmal war. Die Gegenden um die Arlozorov oder Bialik bestimmt eher, doch die Hauptstrasse Jabotinsky durchläuft immer mehr Veränderungen.

Wer sich einmal die Mühe macht, von Tel Aviv nach Ramat Gan zu laufen, der wird zuerst vom Anblick häßlicher Hochhäuser empfangen. Vom nahegelegenen Busbahnhof Arlozorov ist das Laufen bequem und es dauert nur wenige Minuten. Die Brücke über den verdreckten Yarkon - Fluß überquert und schon steht man links vor der Diamantenbörse und dem dahinter gebauten City - Tower Hotel. Tagsüber herrscht wilder Trubel in der Börsengegend, doch des nachts sind die dunklen Wege und Nischen verlassen und es blühen Prostitution und Drogenhandel.

Geht man wenige Meter weiter die Ramat Ganer Jabotinsky hinauf, so steht man auch schon vor weiteren riesigen Hochhäusern. Erst vor wenigen Jahren fertiggestellt, beherbergen sie Büros und Penthouse - Apartments. Die sich im Untergeschoß befindenden Cafes sind weniger zu empfehlen. Der Wucherpreise wegen.

Wer es billiger und ebenso romantischer will, der gehe die Jabotinsky hinauf Richtung Bnei Brak. Dort sieht der Besucher dann das eigentliche Ramat Gan. Wer will, der sollte weiter oben rechts in die Herzl abbiegen. Dort gibt es mehrere kleine Parkanlagen und viele Bäckereien.

Ramat Gan erweckt den Anschein, der Billigableger von Tel Aviv zu sein. Eine Art Vorort. Dies stimmt schon seit vielen Jahren nicht mehr und teilweise haben die Mieten in Ramat Gan Tel Aviver Verhältnisse erreicht.

Wem es irgendwann zu langweilig wird, der findet in der Jabotinsky unzählige Bushaltestellen mit vielen Buslinien zurück nach Tel Aviv. Wer nicht genug bekommt, der kann die ewige Jabotinsky bis Bnei Brak hinauflaufen, was gleich an Ramat Gan anschließt. Und immer geradeaus durchquert er das überwiegend haredische (ultra - orthod.) Bnei Brak und findet sich irgendwann in der Industriestadt Petach Tikwa wieder. Viel gibt es in den Städten nicht zu sehen, aber wer ein wenig reales israelisches Leben schnuppern will, der sollte den längeren Marsch wagen. Wer keine Lust auf ewiges Gelaufe hat, kann sich in die Linie 51 setzen und entweder bis Petach Tikwa fahren oder in die entgegengesetzte Richtung zum Zentralen Busbahnhof in Tel Aviv.
Mir jedenfalls wird es beim nächsten Ramat Gan - Besuch komisch vorkommen, an der Stadteinfahrt keine ELITE - Schokoladenfabrik mehr vorzufinden. Schon vor einiger Zeit ist das Unternehmen selbst in einen Neubau nach Petach Tikwa gezogen, aber das alte rumpelige Gebäude war DAS eigentliche Wahrzeichen von Ramat Gan. Seit gestern existiert es nicht mehr.

Blick auf Ramat Gan von Tel Aviv aus



Das historische ELITE an der Stadteinfahrt



Rechts im Bild das neue geplante Hochhaus



Die hässliche Skyline von Ramat Gan

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