Samstag, 5. April 2008

Schreie in die Idylle

B"H

Jedesmal wenn der Schabbat am Samstag abend ausklingt, beginnt der Alltag wieder von vorne. Es mag sentimental klingen, doch selbst die Luft ist nach dem Schabbatausklang wieder anders und deutet den Alltag an. Vielleicht liegt es auch nur daran, dass die nach Abgase stinkenden Stadtbusse wieder die Strassen beherrschen. Der Sonntag ist in Israel normaler Alltag, was wir schon am Samstag abend spüren.

Nach dem Schabbat lieben die Jerusalemer es auszugehen. Die Shopping - Malls werden belagert, genauso wie die Kneipen - und Bummelstrassen Ben Yehudah, sowie die German Colony bzw. Emek Refaim Street. Besonders bei warmen angenehmen Wetter wird ausgezogen und die Fußgängerzone Ben Yehudah ist derzeit dicht bevölkert. Zog am Donnerstag abend noch eine Breakdance - Gruppe auf das Strassenparkett, so gab es nun eine Attraktion ganz anderer Art. Aus dem Haus Nr. 5 schrie ein Lubawitscher Chassid (Chabad) aus dem Fenster hinaus, dass der verstorbene ehemalige Rebbe der Meschiach sei. Ein Ereignis, welches einen Jerusalemer längst nicht mehr aus der Fassung bringt, Touristen hingegen beginnen das Starren mit offenem Munde. Die liessen fast sogar ihr Softeis fallen. Ich denke, dass es kaum eine andere Stadt auf dieser Welt gibt, in der so unterschiedliche Arten Verrückter frei herumlaufen können und sich kaum noch jemand an ihnen stört. Als ich dies einmal einem Engländer gegenüber erwähnte, nannte der mich einen deutschen Rassisten. Schließlich habe jeder ein Recht auf Individualität und niemand kann verlangen, dass nur noch alle angepasst herumlaufen. Das ist teilweise richtig, doch nimmt manchmal die eigenwillige Individualität in unserer Stadt überhand.

Wir haben viele Leute, besonders Touristen, die nach dem Meschiach schreien oder sonst irgendwie durch chaotische christliche Sprüche samt Visionen auf sich aufmerksam machen wollen. Aber nicht nur Touristen drehen durch, sondern genauso Israelis; wenn auch auf andere Art und Weise. Leider gibt es hier im Land ein Gesetz, welches es drastisch erschwert, psychisch Kranke in diverse Institutionen einliefern zu lassen. Jemand kann erst dann eingeliefert werden, wenn er eine Gefahr für sich selbst und die Bevölkerung darstellt. Alle anderen dürfen frei herumlaufen. Und dies macht das Leben in Jerusalem manchmal nicht einfacher.

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