Sonntag, 27. April 2008

Jüdischer Häuseraufkauf in der Arabischen Altstadt

B"H

Wie schon an Sukkot (Laubhüttenfest) im letzten Oktober nahm ich auch an diesen Pessach - Feiertagen wieder an einem Trip der extrem rechtsgerichteten nationalreligiösen Yeshiva (relig. Schule) Ateret Cohanim teil. Yeshivat Ateret Cohanim liegt in der Arabischen Altstadt, nicht allzu weit außerhalb des Zuganges zur Klagemauer. Ironischerweise gleich neben der christlichen Via Dolorosa. Die Yeshiva wird von Rabbi Shlomo Aviner geleitet und heute lernen dort etwas mehr als 200 männliche Studenten.

Das Wetter machte uns an diesen Pessach – Feiertagen bestimmt keinen Strich durch die Rechnung. Es herrschte glühende Hitze bei weit über 30 Grad C und Israelis lieben es an den Zwischenfeiertagen von Sukkot sowie Pessach Ausflüge zu unternehmen. So kann ich dann auch nur jedem abraten, Trips an das Tote Meer, den See Genezareth oder anderswohin zu unternehmen. Stattdessen ist es vorteilhafter, die Feiertage abzuwarten, um erst danach an die beliebten Ausflugsziele zu fahren. Nichts ist schlimmer als total überlaufene Orte und bergeweise angesammelter Müll.

Jedesmal wieder gehört auch die Jerusalemer Altstadt zu den begehrten Ausflugszielen aller. Tausende Menschen stapfen täglich in Richtung Jüdisches Viertel sowie der Klagemauer (Kotel). Besonders Nationalreligiöse und Haredim (Ultra – Orthod.) gehören zu den Besuchern und an ihnen haben die Palästinenser im Arabischen sowie jene im Christlichen Viertel nichts zu verdienen. Auch die Armenier gehen leer aus. Wenn relig. Juden die nichtjüdischen Viertel durchqueren, dann nur schnell auf dem Weg zur Kotel. Gekauft wird grundsätzlich nichts. Erstens, weil die Waren nicht koscher für Pessach sind und zweitens aus ideologischen Gründen. "Man kauft halt nicht beim Feind".

Auf dem großen Kotelvorplatz gab es die üblichen Ankündigungen, dass jede Viertelstunde eine Tour durch das Arabische Viertel stattfindet. Veranstalter: Yeshivat Ateret Cohanim. Kostenpunkt: Umsonst.

Unser Guide hieß Avi'ad und ist Student in der Ateret Cohanim. Mit Mikrofon und Photos bewaffnet führte uns der rothaarige Mittzwanziger durch den Tunnel hinein in das Arabische Viertel. Die etwa 20 Teilnehmer setzten sich überwiegend aus nationalrelig. Kindern und deren Eltern zusammen. Sephardischen Juden waren eindeutig in der Mehrzahl und ich war die einzige nichtgebürtige Israelin.

Avi'ad war Aschkenazi und führte uns zuerst nur wenige Meter außerhalb des Tunnels zu einem Haus in jüdischem Besitz. Die Organisation Ateret Cohanim ist bekannt dafür, heimlich still und leise immer mehr arabischen Besitz aufzukaufen, gründlich zu renovieren um so jüdische Familien einzuquartieren. So soll das Arabische Viertel wieder einen jüdischen Touch bekommen.
Nun könnte man glatt argumentieren, dass dies ja gesetzeswidrig oder unfair sei. Mitten im Arabischen Viertel relig. Juden einzuquartieren. Ist das nicht unfair den Palis gegenüber oder noch schlimmer – ist das nicht zu gefährlich für die jüdischen Kinder ? Tagtäglich mit der Terrorgefahr konfrontiert zu werden und um ihr Leben fürchten zu müssen. Was für Eltern können nur solch ein Risiko eingehen ?

Unser erster Stop führte uns zur neu errichteten Yeshiva der Breslover Chassidim (Leiter Rabbi Eliezer Berland). Und genau dort erklärte uns Avi'ad, dass vor den Jahren 1936 bzw. 1929 ausgerechnet das Arabische Viertel voll relig. Juden war. Mehrere Hundert Juden lebten damals dort und hatten Yeshivot errichtet. Selbst bekannte Rabbiner lebten im Arabischen Viertel. In einer Straße gleich außerhalb der Klagemauer, standen vor 1929 sage und schreibe 15 Synagogen. Einstmals gab es ein zweites Mea Shearim ausgerechnet mitten im Arabischen Viertel. Wer denkt heutzutage schon noch daran ?

In den Jahren 1929 sowie 1936 kam es jedoch immer wieder zu Judenpogromen seitens der Moslems. Letztere wollten ihr Viertel "judenfrei" haben und stellten die ansässigen Juden vor die Wahl, ins Jüdische Viertel überzusiedeln oder halt die Folgen zu tragen, sprich niedergemetzelt zu werden. Es kam zu Pogromen, wobei die damalige britische Besatzung nur zuschaute. Man ließ die Araber gewähren, um seine Ruhe zu haben.

Ateret Cohanim sieht im Häuseraufkauf mehrere Bedeutungen.
Erstens sollen wieder vermehrt relig. Juden im Arabischen Viertel angesiedelt werden, damit der einstige Zustand wieder hergestellt wird. Und überhaupt gehört Jerusalem und ganz Israel den Juden und somit haben Moslems hier nichts zu suchen. Extrem wichtig ist es, jüdische Präsenz im Arabischen Viertel zu zeigen. Je weniger Juden dort entlanggehen, desto mehr meinen die Palis alles gehöre ihnen allein. Ein Unternehmen, das ich bewundere, denn ich gehe eher selten durch das Arabische Viertel. Die Mentalität dort stört mich einfach und außerdem könnte ich unter den extremen Bedingungen wie ständige Bewachung aufgrund der Terrorgefahr nicht leben. So wird, zum Beispiel, jedes jüdische Haus von mindestens einer Kamera überwacht. Jemand aus der Tourgruppe fragte, warum denn so wenig Mezuzot an den Türpfosten zu sehen seien. Avi'ad meinte, dass die Palis diese nach ein paar Stunden herunterreissen. Daraufhin kam ein nützlicher Vorschlag aus der Gruppe: Man solle doch die Mezuzot einfach einmauern und nix ware es mehr mit herunterreissen.

Unsere Route war eine wesentlich andere als die am Sukkot vor einem halben Jahr. So gingen wir diesmal auch ins Armenische Viertel, wo ich herausfand, dass die einstige israel. Jugendherge in der Bikur Cholim Street nicht mehr existiert und in eine Yeshiva umfunktioniert wurde. Das ehemalige Bikur Cholim Krankenhaus, welches sich heute in der Neustadt in der Strauss Street befindet, wurde einstmals in der Altstadt gegründet. Und zwar aufgrund christlicher Missionstätigkeiten. Christen hatte ein Missions - Krankenhaus errichtet, in dem Juden missioniert werden sollten. Relig. Juden hielten dagegen und gründeten das Bikur Cholim sowie das spätere "Shaarei Zedek – Krankenhaus". Führende Jerusalemer Rabbiner sprachen sogar einen Bann (Cherem) über das Missions – Krankenhaus aus. Einmal verstarb dort eine alte Frau, die der jüdischen Religion angehörte. Aufgrund des Bannes verweigerte man eine Beerdigung auf einem jüdischen Friedhof. So waren damals in den Zwanziger Jahren die Verhältnisse.

Auf der gesamten Tour machte uns Avi'ad auf ehemalige jüdische Häuser aufmerksam, die seit den Progromen von Moslems bewohnt werden. Die Umrisse früherer Mezuzot an den Türpfosten waren immer noch deutlich zu erkennen. Wir stiegen über Dächer und kletterten über schmale Treppen. Zwei nun von Juden bewohnte Häuser sahen wir uns von innen an und wurden sofort von den dort wohnenden Kindern mit kostenlosen Getränken begrüßt. Bei der Hitze war es eine Wohltat etwas Kaltes zu trinken.

Sämtliche von Juden bewohnten Häuser in der Arabischen Altstadt stehen unter strenger Bewachung. Kameras und Wachleute mit Maschinengewehren. Die Kinder spielen vorwiegend hinter einer hohen Mauer im Vorhof. Aber diese sowie die Siedlerkinder sind, wie wir zu sagen pflegen, "tough". Sie haben keine Angst und wissen mit der Gefahr zu leben. Ausgerechnet diese Kinder zeigen später in der Armee hervorragende Leistungen. Sie folgen dem Ideal ihrer Eltern und wehe, ein Pali nähert sich.

Zum Schluß sahen wir einen 10 – minütigen Dokumentarfilm, der von dem glorreichen Sieg im Sechs – Tage – Krieg berichtete. Die israel. Armee nahm den Tempelberg sowie die Altstadt ein und schmiss die jordanische Besatzung hinaus. Allerdings machte Moshe Dayan einen großen Fehler, indem er die Schlüssel zum Tempelberg an die Moslems zurückgab. Was wäre wohl gewesen, wenn …..? Wäre der Meschiach gekommen und hätte den Dritten Tempel gebaut oder war es ganz einfach noch nicht an der Zeit dafür ?

Wie dem auch sei, Ateret Cohanim erreicht eines ganz sicher:
Juden aus allen Landesteilen, relig. oder säkuler, links oder rechts, nehmen zu Hauf an den Führungen teil und erhalten so einen Einblick in die Politik und das Leben der Juden im Arabischen Viertel und um die eigentliche jüdische Bedeutung Jerusalems. Und nach dem Trip ist sich jeder Teilnehmer sicher, bei der nächsten Knessetwahl auf Olmert zu verzichten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen