Donnerstag, 20. Dezember 2007

Der Hochzeitsbankrott

B"H

Jedesmal, wenn ich zu einer Hochzeit eingeladen bin, beginnen die Überlegungen aufs Neue. Wieviel Geld soll ich dem Brautpaar schenken ?

Als Europäer habe ich bis heute nicht gelernt, den israelischen Hochzeitswahn zu akzeptieren. Ich kann mir auch nicht erklären, woher der Brauch stammt. Vielleicht aus den USA.

Hochzeiten in Israel werden gewöhnlich ganz groß gefeiert und es ist keine Seltenheit, wenn Hunderte von Gästen anwesend sind. Sogar die Blumenverkäuferin des Stadtteiles wird eingeladen.
Mir scheint das alles übertrieben, denn ich bin kein Freund von großen Parties oder Festivitäten. Außerdem geht jedesmal der Gast selbst in der Masse unter. Man kommt in den Hochzeitssaal, wird an einen Tisch gesetzt und wartet aufs Essen. Vom Brautpaar bekommt man so gut wie gar nichts mit und wenn man Pech hat, sitzt man mit unbekannten Leuten am Tisch.

Eine Hochzeit kostet normalerweise weit mehr als 10.000 Dollar. Bei Religiösen noch mehr, denn da kommen schon einmal 500 - 800 Gäste zusammen. Aber nicht nur, dass das Brautpaar tief in die Tasche greifen muß, irgendwo hat es sich auch noch eingebürgert, große Geschenke mitzubringen. Vorzugsweise Schecks oder Bares im Briefumschlag, denn wer will heute noch drei Mikrowellen geschenkt bekommen ?

Am Saaleingang befindet sich in der Regel eine große Box, wo jeder seinen Briefumschlag einwerfen kann. Es kommt drauf an, wie gut jemand das Paar kennt und demgemäß sollte die Geschenksumme ausfallen. Mindestens 300 Shekel (60 Euro). Viele Leute geben 400 - 500 Shekel. Eine Unmenge an Geld, was ich für eine komplette Verschwendung halte. Es geht hier nicht um den Verdienst, von dem jemand kaum mehrere Hochzeitsgeschenke im Monat aufbringen kann. Vielmehr halte ich das ganze Gefeiere für überflüssig. 30 - 40 Gäste tun es allemal und auf Kellner kann auch verzichtet werden.

Gnade demjenigen, der zu mehreren Hochzeiten in einem Monat eingeladen ist. Dann ist das finanzielle Fiasko vorprogrammiert. Und da tut es niemanden wundern, dass groß in den Zeitungen steht, dass in diesem Jahr 1560 Familien von den Banken aus ihren Häusern geräumt wurden, weil sie außerstande waren, die monatlichen Raten für Kredite / Hypotheken aufzubringen. 1560 Familien wurden per Gerichtsvollzieher geräumt und stehen auf der Straße. Insgesamt zahlen 80.000 israel. Familien ihre monatlichen Hypothekenraten an die Bank nur sehr zögerlich. Gesetzlich dürfen die Banken ein Eigenheim erst dann räumen, wenn der Gläubiger sechs Monate lang mit seinen Raten im Verzug ist.

Neben den großen Hochzeitsfeiern ist es in Israel durchaus üblich, sich irgendwann ein Eigenheim anzuschaffen. Täglich sieht man verlockende Werbeanzeigen in den Tageszeitungen. Neue Wohngegenden werden gebaut, Luxusvillen oder Komfortwohnungen. Wer braucht das alles ? Reicht eine normale Wohnung nicht mehr aus ? Wozu brauche einen einen riesen Kühlschrank mit eigener Bar ?

Immer mehr Leute übernehmen sich finanziell. Am Anfang meinen sie, dass das alles nicht so schlimm sei. "Wir schaffen das schon mit den Raten". Schnell aber stellt sich das Gegenteil heraus und gerade in unserem Land steht man schnell gepfändet auf der Straße. Ich jedenfalls verstehe nicht, warum ein jeder auf so großem Fuß leben will, wenn er ein normales Angestelltengehalt bekommt. Aber anscheinend ist es wie überall auf der Welt und keiner will halt hinten anstehen.

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