Montag, 1. Oktober 2007

Ein wichtiger Schritt nach vorn

B"H

Jetzt ist es offziell; Tausende Angestellte im Wachdienst bekommen ab sofort mehr soziale Rechte garantiert. Schon mehrmals hatte ich über die Benachteiligung vieler israelischer Arbeiter und Angestellten berichtet. Fast Fünfzig Prozent der Arbeitnehmer arbeiten fast oder ganz ohne jegliche soziale Absicherung. Von Urlaubsgeld, geregelten Urlaub oder Rentenversicherung können die Angestellten im Wachdienst, der Gastronomie, dem Handel, etc. nur träumen.

Bisher waren insbesondere die Angestellten im Wachdienst der Willkür ihres Arbeitgebers ausgeliefert. Seit der Terrorwelle vor einigen Jahren sind private Wachfirmen wie aus dem Boden gesprossen. Heutzutage findet man kaum ein Restaurant, Cafe oder grösseres Geschäft vor dem nicht ein Wachmann / frau steht.

Jeder von uns lässt viele Male am Tag immer wieder die gleiche Prozedur über sich ergehen. Wir öffen ganz selbstverständlich unsere Taschen und lassen sie vom Wachpersonal untersuchen.

Nicht wenige Wachfirmen nutzten ihr Personal schamlos aus. Unbezahlte Überstunden, lange Arbeitszeiten, kaum Pausen und schlechtes Arbeitsklima. Wer nicht spurte, wurde fristlos gefeuert.

Bei gebürtigen Israelis ist diese Art von Beschäftigung absolut unbeliebt und so wurden zur Deckung des Bedarfes überwiegend Neueinwanderer eingestellt. Russische oder äthiopische Neueinwanderer sind oft der hebräischen Sprache nicht besonders mächtig und kennen sich im hiesigen Arbeitsrecht nicht aus. Sie muckten nicht auf und schwiegen, auch wenn die Benachteiligung noch so unerträglich war.

Jetzt soll sich endlich alles ändern. Ab sofort muss jede Wachfirma alle sozialen Rechte garantieren und Rentenversicherung zahlen. Wer das neue Gesetz missachtet, dem droht der Entzug der Gewerbeerlaubnis.

Ab Januar 2008 soll sich überhaupt alles ändern. Dann nämlich sind alle Unternehmen verpflichtet, ihre Arbeiter und Angestellten bei der Rentenversicherung anzumelden.

Israel wehrt sich vehement als Dritte Welt Land zu gelten, aber dennoch wissen wir alle nur zu gut, dass unser Land oft nicht weit davon entfernt ist. Vor allem im Umgang mit einfachen Angestellten und Arbeitern hat Israel noch einiges zu lernen. Amerikanische Verhältnisse wirkten sich in der Bevölkerung bisher verhehrend aus. Die Armut steigt und die sogenannte Mittelschicht spaltet sich in arm oder reich. Man schaue sich nur die Gegensätze im Jerusalemer Gebiet um die riesige Shopping Mall "Canion Malcha" an. Auf der einen Seite, in Eyal Street, beginnt das Viertel der Reichen und auf der anderen Seite, hinter dem Canion und dem Fussballstadion Teddy liegen die städtischen Sozialwohnungen der Armen. Die Bar Yochai Street ist die Endstation der Unterschicht.

Wenn der Staat eine grösserer Kluft zwischen arm und reich verhindern will, dann sind sofortige Gesetzeserlässe erforderlich. Natürlich kann es sich Israel nicht unbedingt leisten, so hohe Sozialaufwendungen wie z.B. Deutschland zu zahlen. Falls jedoch die Verarmung weiter so fortschreitet wie bisher, kommt es eines Tages dazu, dass sich die Armen einfach weigern, in die Armee zu gehen. Für was sollen sie bitteschön kämpfen ?

Auf der anderen Seite verweigern sich die Wohlhabenden dem Armeedienst schon längere Zeit. Kampfeinheiten ? Da sagen viele NEIN, DANKE. Stattdessen wollen sie ihren Luxus geniessen und der Armeedienst stört sie dabei.

Und was ist aus dem einstigen Pioniergeist zur Gründungszeit geworden ? Sind die Israelis arrogant geworden und schieben allzu unliebsame Arbeiten den Armen oder den Neueinwanderern zu ?

In vielen Fällen ist das sicher der Fall, aber es sollte nicht zu sehr verallgemeinert werden. Eines ist wesentlich anders als in Deutschland: Wer in Deutschland sagt, er arbeite bei der Müllabfuhr oder putze Häuser, der wird verächtlich angeschaut. In Israel ist das nicht der Fall, denn trotz so mancher Arroganz, wird jegliche Art von Arbeit geschätzt und man braucht sich nicht zu schämen.

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