Mittwoch, 29. August 2007

Farbe bekennen

B"H

Israel ist ein kleines Land, jeder kennt irgendwie jeden und jeder glaubt alles ueber den anderen zu wissen. Sollte einmal das Gegenteil der Fall sein, nervt der notorisch neugierige Israeli sein Opfer solange, bis das er alles aus ihm herausgequetscht hat. Wieviel er verdient, wieviel Miete er zahlt, wieviel Schulden er hat und wie hoch die Summe ist, um die Schulden monatlich abzustottern. Ganz zu schweigen vom Familienleben, Israelis wissen alles.

Als im vergangenen Jahr im Maerz die Knesset - Wahlen anstanden, ging es auch mir auf der Arbeit so richtig an den Kragen, denn ich war absichtlich nicht bereit, den Kollegen die Partei zu nennen, fuer die ich vorhatte zu stimmen. Das trieb zwei Kollegen so auf die Palme, dass sie mir alle moeglichen Parteien unterstellten, nur um die Wahrheit aus mir herauszuquetschen.

Ja, ich sei bestimmt links, Meretz oder so. Oder doch lieber rechts. Ja, Kahane wuerde zu mir passen. Nein, lieber doch nicht, denn ich stimme sicherlich fuer Olmert und seine Kadima - Partei oder doch nur Bibi und LIKUD.

Kadima, Kadima, vorwaerts, vorwaerts, wurde ich dann zum Arbeiten aufgefordert. Sarkastisch natuerlich und nicht boes gemeint. Ich beschloss, die Kollegen zu foltern und liess sie raten. Irgendwann kamen die dann drauf und es hiess, sie haetten es ja gleich geahnt.

Kaum etwas bleibt in diesem Land geheim und jeder sitzt ueberall in der ersten Reihe. Vor allem einmal wieder mehr die Presse, die sich auf alles stuerzt. In Israel gibt es keine Mitte, sondern man wird in zweierlei Sparten eingeordnet: Rechts oder links, religioes oder nicht religioes. Diese Eigenschaften sagen schon die Haelfte ueber die Persoenlichkeit eines Menschen aus.

Als ich vor Jahren einmal auf Jobsuche war, habe ich bewusst vermieden mitzuzaehlen, wieviele Jobs ich nicht bekam, weil ich religioes gekleidet war. Ich dachte, mein Vorstellungsgespraech haette einen guten Eindruck hinterlassen, aber meistens ging die Tuer auf, mich traf ein missbilligender Blick und es war alles von vornherein klar.

Als ich beschloss, es umgekehrt anzustellen, sprich Jeans und T - Shirt zu tragen, erlebte ich den naechsten Schock. Die Tuer ging auf und vor mir stand eine Gerer Chassid. Uebrigens ging das ganze so aus, dass ich als einzige in Hose kam und den Job sogar bekam. Dafuer wurde ich aber auch von zwei Haredim getestet und es stellte sich schnell heraus, dass ich ja eigentlich religioes war. Irgendwie fliegt man halt immer gleich auf.

Wenn ich einmal nicht bereit bin, mein gesamtes Privatleben offen auf den Tisch zu legen, loest das Misstrauen aus. Sicher haette ich etwas zu verbergen und es wird bei anderen nachgeforscht, ob die vielleicht mehr wissen. Manchmal stelle ich mir die Frage, ob es nur mit Neid zu tun hat oder jemand wirklich nur alle Details erfahren moechte. Aber interessant sind die Erfahrungen doch immer wieder und ich muss zugeben, dass ich es schon oft geniesse, die Leute so richtig auf die Palme zu bringen.

2 Kommentare:

  1. hi!
    und???? welche partei hast du jetzt schlussendlich gewaehlt?????
    lg
    fritzi

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  2. B"H

    Das habe ich mir doch gedacht, dass auch hier die Frage kommt.:-)

    Da die Partei Ichud HaLeumi eine Fusion mit der Nationalreligioesen Partei hatte, habe ich also diese "Koaltion" gewaehlt.:-)

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