Montag, 13. August 2007

Die Konversionsbuerokratie

B"H

Lange habe ich ueberlegt, ob ich das Thema zur Sprache bringen soll, welches derzeit einen Teil meines Bekanntenkreises und mich bewegt. Momentan sind die Lager dermassen gespalten, dass ich bis auf Weiteres auf die Gesellschaft der Streithaehne verzichte. Vor allem aus dem Grund, weil kaum jemand die Fakten kennt, sich aber immer wieder gerne einmischt und meint jetzt auch einmal seinen Senf dazu geben zu muessen. So kocht die Geruechtekueche erst richtig los.

Der Hintergrund ist etwas kompliziert und ich fasse mich an dieser Stelle kurz und die Namen der Personen habe ich mit Buchstaben abgekuerzt.

Vor drei Jahren begannen zwei Personen, nennen wir sie A und B, in Jerusalem einen Konversionskurs zum Judentum. A war / ist ueberzeugte Christin mit fundamentalistischem Hintergrund.
B war Christin, doch schon vor Jahren besann sie sich anders und entschloss sich, zum Judentum zu konvertieren. Aus ihrem Heimatland kam sie nach Israel.

Auf die Gesellschaft von A legte ich von Beginn an keinen Wert, denn, wie gesagt, ihre christl. Zuege hatte sie nicht abgelegt. Mit B allerdings freundete ich mich ganz gut an. Beide hatte ich durch Bekannte kennen gelernt und ich kann nicht sagen, dass wir uns in der ersten Zeit ueberhaupt oft sahen. Erst viel spaeter traf ich B regelmaessig.

Der Konversionskurs wurde zur Farce, denn viele Leute wie A hatten sich eingeschlichen. Woechentlich beschwerten sich Leute beim Oberrabbinat und beim Religionsministerium. Die Kursteilnehmer seien nicht an einer ernsthaften orthod. Konversion interessiert, sondern an der israel. Staatsbuergerschaft.
Dies ist ein Argument, welches man oft hoert in Israel. Viele Rabbiner haben Vorurteile, denn jemand koennte ja nur aus wirtschaftl. Gruenden konvertieren. Das Innenministerium, dass fuer die Visavergabe zustaendig ist, sieht das genauso.
In vielen Faellen zu unrecht, denn die Haelfte der Konversionswilligen kommt aus westlichen Laendern und man muss schon total naiv sein um zu glauben, dass die Leute Wirtschaftsfluechtlinge seien. Bei B zum Beispiel ist es so, dass sie einen hochrangigen Computerjob aufgab, nur um nach Israel zu ziehen.

Die fundamentalistische A bombardierte die Rabbiner des Konversionskurses sofort mit Forderungen. Sie wolle so schnell wie moeglich konvertieren, denn sie haette diverse Visonen gehabt. Sie trampelte herum wie ein Elefant im Porzellanladen und fuehrte ihre Telefongespraeche. Dabei kam es ihr zugute, dass ein lediger Rabbiner ein Auge auf sie geworfen hatte. Tja, sowas gibt es auch. Allerdings war / ist er ledig und die Situation waere unter gewissen Umstaenden einwandfrei. Sie sah sich schon als Rebbitzen, muesste ihr doch dann jeder andere die Fuesse kuessen. Eine naive und dumme Einschaetzung der Dinge, was wir von ihr gewohnt sind.

B wurde irgendwann zum Beit Din (rabbinisches Gericht) gerufen und versagte. Heisst, sie machte einen dummen Anfaengerfehler. Auf die Frage hin, ob sie denn heiraten und eine jued. Familie gruenden wolle, sagte sie NEIN. Aufgrund ihrer Scheidung und schlechten Erfahrungen rutschte ihr die Wahrheit heraus, aber das verstehen die Rabbiner selten. Sogleich flog sie aus dem Beit Din und kam erst einmal in die Warteschleife. Ein weiteres grosses Problem war ihr Job, denn sie fuehrte die Buecher einer Organisation der juedischen Reformbewegung, den sie aber spaeter aufgab.

Ueber A dagegen trafen mehr und mehr Beschwerden beim Rabbinat ein. Von ihren Klassenkameraden wohlgemerkt. Sie haette angeblich rumerzaehlt, dass sie lieber Christin bleiben wolle, aber G - tt ihr sagte, sie solle Juedin werden.
Bei einer Anhoerung vor dem Beit Din stritt sie alles ab und machte auf unschuldig. Bekannte koennten von ihr andererseits noch ganz andere Dinge berichten, was einige, mich selbst eingeschlossen, taten. Ein befreundeter Rabbiner aber wiegelte nur ab. Schon allein aus dem Grund, weil er mit eben jenem verknallten Rabbi und Freund von A befreundet ist. Das Rabbinat hatte jedoch seine Meinung gefaellt und wollte A nicht konvertieren. Nur durch Aktionen hintenherum gelang ihr schliesslich die Konversion. Keine Halachische, wenn man es genau nimmt, sondern eine mit Hilfe von Kontakten und Beziehungen. Stolz macht sie nun auf religioes, erwaehnt aber im gleichen Moment, dass sie sich ja nun aussuchen koenne, welche Halachot sie einhaelt und was nicht. Der zukuenftige perfekte messianische Jude, was jeder von uns weiss. Der verknallte Rabbi wollte sie dann uebrigens doch nicht heiraten. Ein Baby J. ist ihm wohl doch zuviel.

B wiederum wartete nach ihrem Missgeschick seit zwei Jahren auf einen erneuten Termin beim Beit Din. Telefonate fuehrten zu nichts und so wurde gewartet. Die gleichen Leute, die fuer A naechtelang intrigierten, liessen B fallen wie eine heisse Kartoffel. Und das, obwohl B sehr aufrichtig mit ihrer Konversion ist und es ernst meint.
Vor wenigen Wochen dann gab es doch noch einen Termin beim Rabbinat, wo ihr mitgeteilt wurde, dass sie nur dann zu einem Beit Din zugelassen werde, falls ein Kommittee des Innenministeriums zustimmt. Dies sei eine neue gesetzliche Regelung, da staendig Leute ohne gueltiges Visum konvertiert seien und dann Aliyah beantragten.
Mittlerweile lief dann zu allem Unglueck auch noch das Visum von B aus und sie bekam einen Brief vom obersten Rabbi des Beit Din. Er meinte, dass sie mit seiner Empfehlung keinerlei Probleme haben werde. Falsch, denn das Innenministerium pochte auf eine Wartezeit. B wurde heimgeschickt und man wolle sie anrufen, sobald alles geklaert sei.

Der Anruf folgte zwei Wochen spaeter. B bekomme kein neues Visum mehr und muesse das Land verlassen. Ohne Beit Din.
Am Abend darauf teilte sie dies in einem privaten Gespraech einem ihr bekannten Rabbi mit. Zu allem Schreck und vor lauter falscher Hilfsbereitschaft verkuendete dieser bei einem Shiur das Problem von B. Und das vor mehr als 20 Leuten, wovon einige die groessten Klatschmaeuler sind. B erzaehlte mir wenige Tage spaeter, dass sie fast im Erdboden versunken waere als der Rabbi dies tat.
Seitdem wird sie von ueberfluessigen Klatschkommentaren verfolgt. "Ja, mit ihr wuerde etwas nicht stimmen und da sei doch was faul". Jeder verkuendet es dem naechsten, jeder dichtet noch mehr hinzu und keiner kennt die genauen Fakten. Vor allem reden gerade jene Leute, die selbst mehr als genug Probleme am Hals haben.

Wer nun denkt, dass dies ein einmaliger Fehltritt des Rabbis war, liegt so richtig schoen falsch. Am Shabbat wurde es zweimal verkuendet und gestern Abend bei einem weiteren Shiur nochmals. Vielleicht toent es ja auch bald vom Zion Square, wer weiss.
Fakt ist, dass trotz der Entscheidung des Ministeriums immer noch zwei hochrangige Rabbiner des Rabbinats versuchen, B im Lande zu halten. Die Buerokratie dreht sich also noch weiter, denn im Rabbinat wurde man zwischenzeitlich darauf aufmerksam gemacht, die falschen Leute aus dem Kurs konvertiert zu haben. Einschliesslich der Fundi A.

Ich weiss noch nicht, wie es weitergehen wird. Muss B gehen oder nicht. Auf alle Faelle halte ich mich von den Laestermaeulern und dem Rabbi fern. Das Schlimmste fuer mich ist, dass ich nicht weiss, was ich B sagen soll oder wie ich ihr helfen koennte.

Fortsetzung folgt bestimmt.....


Ich kann nur allen Leute, die in Israel konvertieren wollen raten, den richtigen Kurs auszusuchen, sich um das Visum zu kuemmern und gleich von Beginn an sicherzugehen, dass der Kurs Termine beim Beit Din arrangiert.

8 Kommentare:

  1. Oh, Mann. Ich habe zwar nicht vor, in Israel zu konvertieren, aber das ist eine Katastrophe. Wie kann jemand wie "A" die anscheinend christlich ist "konvertieren" ?

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  2. B"H

    A verstand es aeusserst gut, sich durchzuschmuggeln. Und ausserdem hatte sie ja Unterstuetzung von dem in sie verknallten Rabbi.:-)

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  3. Auweiha, die arme "B"... Ich glaube, man kann ihr nur raten weiterhin das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und ansonsten auf ihren guten Stern zu vertrauen. Das B`s Ehrlichkeit ihr zum Verhängnis wurde ist sehr schade aber Ehrlichkeit währt nunmal am längsten, von daher gesehen kann sie -ganz im Gegensatz zu "A"- immer noch in den Spiegel schauen ohne sich für irgendetwas schämen zu müssen.

    Das "A" mit es mit ihrer durch und durch schlechten Art geschafft hat, ist extrem bedauerlich, Rabbiner sind halt auch nur Menschen und die sind weit entfernt davon perfekt zu sein. Fundamentalistische Christen sind für mich, ehrlich gesagt, ein rotes Tuch (besonders wenn sie aufdringlich sind) und Patentrezepte, sich diese dauerhaft vom Leibe zu halten, gibts dagegen leider nicht.

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  4. B"H

    B traegt es immer noch gelassen, was wohl ihre Lebenserfahrung ausmacht.

    A dagegen schaemt sich keineswegs, sondern sieht sich im Recht. Sie sucht immer das Spirituelle und zur aktiven Christenzeit ueberstand sie schonmal eine sogenannte Teufelsaustreibung bei den Pentacosta - Christen. Von der Aktion schwaermt sie heute noch.

    Zu den Rabbinern: Ich will nicht alle ueber einen Kamm scheren, doch handelt es sich hier fast nur um nationalrelig. Rabbiner. Bei Haredim und einem richtigen haredischen Beit Din waere solch ein Vorfall kaum passiert.

    Von B habe ich noch keine weitere Nachricht. Leider.
    Und anrufen will ich nicht staendig.

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  5. Ist es nicht besser, einen Kurs im Heimatland zu starten, bevor man total naiv nach Israel geht und sich dann hier mit der Buerokratie zu plagen. Visum, Konversion, Bet Din und dann die Rabbanut authority... ist das nicht alles etwas viel auf einmal?

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  6. B"H

    @See Song

    Wer in Israel konvertieren will, dem wird schon einiges abverlangt, das stimmt.

    Aber meiner Meinung nach gehoert zum einen eine gewisse Aufopferung / Devotion dazu und zweitens sollte man schon in einem Land konvertieren, wo ein aktives jued. Leben stattfindet.
    Die relig. Vorteile aufzuzaehlen, waere sinnlos, denn die kennt jeder selbst.

    Im Fall meiner Freundin ist es so, dass sie aus einem Teil eines Anglo - Landes kommt, wo es ganz wenige Juden und auf ihrer Insel nur eine Reformsynagoge gibt.
    Fuer sie stand es ausser Frage nach Israel zu kommen, erwischte aber, voellig unerfahren, den falschen Kurs.

    In Deutschland sah ich Konvertiten, die zwar brav zu ihrem Unterricht beim Rabbi gingen, aber ansonsten mit dem Judentum kaum etwas gemeinsam hatten. Sobald man wieder draussen auf der Strasse steht, holt einen der dt. Alltag halt wieder ein.
    Israel hat eine andere Atmosphaere und hier fuehlst Du Dich halt juedisch in der Umgebung an sich. Gerade fuer einen Konvertiten sollte soetwas vorrangig sein.

    Die Buerokratie, naja, man kann Glueck oder Pech haben. Aber wer hier am Ende konvertiert, kann auch stolz darauf sein es geschafft zu haben.

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  7. Ich halte von Giur in diesen Kursen überhaupt nichts. Bei euch Dossim mag das anders sein, aber ansonsten hört man ja nur noch negatives und vom Rabbanut leider auch. Empfehle deiner Bekannten B doch, in ein Kibbutz Daati zu gehen. Da gibt es wirklich nette, ernsthafte Kibbutzim, sowohl im Norden als auch im Sueden. Un wenn B eben so ernsthaft und nett ist wie de beschreibst, dann wird sie es dort sicherlich schaffen.

    Aval at zodeket. So einfach wird das auch nicht sein und es gehoert eben wohl dazu, einige Schwierigkeiten zu überwinden.

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  8. B"H

    @See Song

    So einfach ist die Sache nicht, aber das kannst Du nicht wissen, denn ich habe nicht alle Details gegeben:

    Es gibt nur noch einen Kibbutz mit Giur - Kursen und das ist Yafne. Die Kurse finden aber nur alle Jubeljahre einmal statt.
    Voraussetzung fuer die Aufnahme ist, dass man nicht aelter als 35 Jahre (oder so aehnlich) ist. Nun, B ist wesentlich aelter und von daher faellt ein Kibbutz flach.

    Mit haredi oder nationalrelig. hat alles nichts mehr zu tun, denn fast alles laeuft ueber das Rabbanut. Vor allem bei den Nationalreligioesen.
    Wer richtig haredi konvertiert, der geht eher nach Bnei Brak, wo es auch ein eigenes Beit Din gibt.

    B war in einem nationalrelig. Kurs und ich empfahl ihr, zu einem haredischen Beit Din zu wechseln. Sie rief den verantwortlichen Rabbiner an und der antwortete, dass sie nicht zu einem anderen Beit Din ueberwechseln koenne und beim Rabbanut bleiben muss.

    Morgen treffe ich B und dann werde ich erfahren, was abgeht.:-) Ich bin mir sicher, dass sie es jetzt schaffen wird, denn zwei hochrangige Rabbiner setzten sich fuer sie ein.

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