Donnerstag, 30. August 2007

Der Kampf um Linie 15

B"H

Vor wenigen Tagen gab es in einer Tageszeitung einen kleingedruckten Artikel zu lesen. Beim Durchlesen dachte ich mir noch, dass dies bestimmt keine erwaehnenswerte Nachricht sei und vergass die Mitteilung kurz darauf wieder.

Heute Nachmittag jedoch unterrichtete ich, wie jeden Donnerstag, eine kleine Kindergruppe in einem religioesen Stadtteil und schon kam die Erinnerung an den kleinen Artikel wieder. In haredischen Vierteln ist es ueblich, dass Wagen mit einem Lautsprecher auf dem Dach herumfahren und relig. Nachrichten ausrufen. Seien es erbetene Spenden fuer einen Krankheitsfall, fuer eine Hochzeit oder es findet eine Beerdigung statt.

Ausgerufen wurde heute eine neue Demonstration, die genau wegen des Themas in besagter Kurzmitteilung stattfinden sollte.
Die Haredim verlangen vom staatlichen Busunternehmen EGGED, dass die Jerusalemer Buslinie 15 zum koscheren Bus umfunktioniert wird. EGGED lehnt bisher ab und deswegen sollte demonstriert werden.

Koscherer Bus heisst, dass Maenner und Frauen getrennt sitzen werden. Meistens sitzen die Frauen hinten und die Maenner vorne. Landesweit gibt es schon einige solcher Busse, so der EGGED - Bus 402 von Jerusalem nach Bnei Brak oder die lokale Linie 1 in Bnei Brak. Auch in New York gibt es in haredischen Stadtteilen solche Busse.

Laut Meinung der Haredim faehrt die lokale Jerusalemer Buslinie 15 nur durch haredische Stadtviertel und von daher sei es erforderlich, dass dieser Bus "kosher" wird. Die Busroute lautet: Ge'ulah, Binyanei HaUmah, Givat Shaul, Kanfei Nesharim und Har Nof.
Allerdings uebersehen die Haredim, dass unzaehlige andere Leute die Linie 15 benutzen, denn in der Kanfei Nesharim Street befinden sich viele Regierungsgebaeude und die Leute fahren zu ihrem Arbeitsplatz.

Nun werde ich einmal meine Meinung zu dem Thema kundtun und jeder kann darueber denken, wie er will.
Ich bin absolut gegen oeffentliche Stadtbusse, in denen Maenner und Frauen getrennt sitzen sollen. Jeder zahlt den gleichen Fahrpreis und kann sitzen wo er will.
Warum eine Geschlechtertrennung stattfinden soll ist folgendermassen zu begruenden: Maenner sollen durch Frauen, welche sich nicht anstaendig, sprich langer Rock und bedeckte Arme, kleiden nicht irgendwie erregt werden. Frauen haben nun einmal den Vorteil, dass sie sich besser beherrschen koennen als Maenner und die Schwachheiten der Maenner sind ueberall bekannt. So auch in der jued. Religion.
So manch maennlicher Leser mag das nun abstreiten, aber allgemein ist es so. Maenner sind schwach und kommen oefters auf dumme Gedanken als Frauen.:-)

Damit die relig. Maennerriege vor sich selbst und ihren Gedanken geschuetzt wird, muss die Frau woanders hin; naemlich in den hinteren Teil eines Busses. Selbst, wenn sie anstaendig angezogen sein sollte, Frau bleibt halt nun mal Frau.
Meine Meinung dazu ist, dass wenn ein Mann Probleme hat, er psychologische Hilfe in Anspruch nehmen sollte und nicht die Frauen in den hinteren Busteil draengt.

Obwohl ich selber religioes bin und ich sehr gut nachvollziehen kann, dass vor allem im Sommer viele Frauen fast gar nichts anhaben, und deswegen die relig. Kundschaft provozieren, bin ich auf keinen Fall fuer eine Trennung im Bus. Wenn EGGED will, koennen sie derlei Busse nur in haredischen Vierteln einsetzen, aber nicht dort, wo immer noch andere Fahrgaest auch mitfahren.

Ich kenne das Problem sehr gut, wohnte ich doch einmal im halb - haredischen Stadtteil Ramot und unser Bus 35 war zwar nicht offiziell nach Geschlechtern getrennt, inoffiziell aber doch. Allerdings hielt ich mich nie an diese Regel und rebellierte intern im Bus. Kommentare brachte mir das nicht ein, ist doch die Linie 35 ein regulaerer Stadtbus.

Sollte EGGED den Haredim nachgeben und die 15 in einen "koscheren" Bus umwandeln, werden viele andere Busse auch noch folgen, was negativ auf Jerusalem auswirken kann. Fuer EGGED wird keine Entscheidung einfach sein, denn einerseits sind die Haredim eine gute und zahlreiche Kundschaft, andererseits aber haben auch alle anderen ein Recht, in einem "normalen" Bus zu sitzen wo es ihnen passt. Wem es im Bus nicht gefaellt, der kann ja ein Taxi nehmen oder zufuss laufen, wie es viele chassidische Gruppen in Mea Shearim eh schon tun (Satmar oder Toldot Aharon zum Beispiel). Diese Chassidim lehnen EGGED - Busse grundsaetzlich ab, da sie dem Staat Israel gehoeren und die Chassidim eben diesen Staat ablehnen.

Ich hoffe, dass es nicht wieder zu chaotischen Demos kommen wird und Jerusalem einheitlich Bus fahren darf.


Der Jerusalemer Zentrale Busbahnhof in der Jaffa Road

2 Kommentare:

  1. Letzte Woche,noch bevor du diesen Beitrag geschrieben hast, ist in der Bahn so ein junger Kerl wieder einmal viel zu nah an mich rangerückt. Nicht um mich anzubaggern, sondern weil die Sitze so schmal sind und der Typ wohl einfach keine Lust hatte, etwas weniger breitbeinig dazusitzen. Jedenfalls war er ständig auf Tuchfühlung mit mir, während ich im Gegenzug jede Kurve ausgenutzt habe, um mit Schwung einen Millimeter mehr zu ergattern. In den fünf Minuten, bis er sich dann endlich umgesetzt hat, hatte ich genug Zeit, mir Geschlechtertrennung in öffentlichen Verkehrsmitteln herbeizuwünschen. Aber bitte im wöchentlichen Wechsel einmal die Frauen und einmal die Männer hinten :-)

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  2. B"H

    Das habe ich in haredischen Bussen oft erlebt. Eigentlich fast nur dort. Ich benutze die Linie 15 fast immer einmal pro Woche und dort passierte es nicht nur einmal, dass haredische Maenner sich absichtlich zu eng an Frauen stellten. Vor ein paar Monaten machte eine Haredit einen Haredi laut darauf aufmerksam, was ihn aber nicht abschreckte.

    Solche Leute gibt es halt ueberall, aber eine Trennung ist nicht immer die Loesung. Eigentlich faellt mir ueberhaupt keine perfekte Loesung ein.:-)

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