Montag, 27. August 2007

Buergermeister des Wohlstandes

B"H

Schon viel zu lange spukt ein Thema durch die israel. Gesellschaft, welches leider bisher viel zuwenig Beachtung findet. Hier und da schrieb die Presse einmal einen Artikel, aber die Oeffentlichkeit wacht erst immer dann auf, wenn alles akut wird. Jetzt wird es akut und die Tel Aviver Innenstadt wird brutal aus ihrem Tiefschlaf geruettelt.

Aber nicht nur Tel Aviv ist betroffen. Nein, auch Jerusalem und Eilat schlagen Alarm. Letzten Freitag berichtete die israelische Tageszeitung MAARIV vom Immobilienmarkt, wo gerade die Preise ins Unermessliche steigen. In den drei genannten Staedten kann sich Otto Normalverbraucher mit einem durchschnittlichen Monatseinkommen den Wohnungskauf nicht mehr leisten und immer mehr Einwohnern wandern in die Nachbarstaedte ab.

Besonders die Tel Aviver Innenstadt ist betroffen. War sie vor zehn Jahren noch ein heruntergekommener Slum, so schiessen nun Neubauten aus dem Boden und abgefackelte Haeuser werden zu Luxusvillen umfunktioniert. Vor allem die Strandgegenden Montefiori, die HaYarkon Street, Frishman Street und Umgebung. Vom reichen Tel Aviv Nord und Ramat Aviv will ich erst gar nicht reden.

Ploetzlich sehen die Hauseigentuemer ihre Chance gekommen und schmeissen WG - Bewohner hinaus. Aus der Wohnung wird eine Loft oder aehnliches und reiche Mieter gibt es immer. Wer will da noch die armseligen Studenten mit ihren 300 Dollar Mieten fuers Zimmer. Die Eigentuemer wollen absahnen und lassen durch einschlaegige Makler zahlungskraeftige Mieter suchen. Wie vergangene Woche, wo mitten am hellichten Tag ein Kult - Cafe neben dem Eingang des Carmel Marktes von der Polizei geraeumt wurde. Betreiber und Kaffeetrinkende Gaeste fanden sich auf der Strasse wieder und die Polizei versiegelte die Tuer. Die Stadtverwaltung verweigert die Betreibererlaubnis und dem Vermieter lacht mehr Bargeld fuer die Miete entgegen.

Legal oder nicht ? In Tel Aviv scheint alles erlaubt zu sein, denn Buergermeister Ron Chuldai hat sich laut der Rathausopposition ganz dem Kapital verschrieben. Arme raus, Reiche rein, so laute sein Motto. Alles soll plattgemacht werden, damit sich mehr Reiche ansiedeln und so Geld in die Stadtkasse kommt. Was sollen da diealleinerziehende arbeitslose Mutter, der hilflose Rentner oder Studenten, bei denen Geld eh Mangelware ist ?

Man muss nicht allzu genau hinschauen, um zu sehen, dass Tel Aviv sich innerhalb weniger Jahre voellig verwandelt hat. Ueberall stehen neue haessliche hohe Tuerme und jeden Monat kommen noch mehr hinzu. Nicht, dass sich in den Tuermen nur Bueros befinden; nein, hier leben Leute in Luxuswohnungen. Die neuen Yuppies wollen ihre Ruhe haben und dulden keine asozialen Nachbarn neben sich. Da zieht man lieber in einen der Tuerme, wo es gleich das Freizeitprogramm inclusive gibt. Swimming - Pool, Bar, Kindergaerten, Fitness - Raum, alles ist dabei. Und ueberall sind Wohlhabende und niemand schnorrt herum. Die Reichen kaufen alles auf und zahlen jeden Preis. Ganz zur Freude der vorherigen Eigentuemer.

Aber es gibt noch eine ganz andere und vielleicht viel gefaehrlichere Gruppe: die Chutznikkim - die Juden ausserhalb Israels. Vor allem Franzosen und Amerikaner kaufen kaufen kaufen. Sie haben Geld und alles andere ist ihnen egal. Nicht, dass sie sich ausgerechnet in Tel Aviv, Eilat oder Jerusalem niederlassen wollen. Ueberhaupt nicht. Was sie suchen ist eine Sicherheit nach dem Motto "Man kann ja nie wissen, was einmal kommt".

Wenn sie beim Wohnungskauf zuschlagen, dann stehen die Wohnungen leer. Es sei denn, die neuen auslaendischen Besitzer kommen einmal fuer ein paar Wochen zu Besuch. Obwohl sie Mieten verlieren, sind sie nicht bereit ueberhaupt zu vermieten, denn keiner will sich mit Mietern herumaergern muessen.

Genauso geht es Jerusalem und selbst haredische Zeitungen schlagen Alarm. Reiche Haredim aus dem Ausland ruinieren die Miet - bzw. Immobilienpreise und kein normaler Israeli kann da mehr mithalten. Junge haredische Paare waeren gezwungen, auf Jerusalem Vororte oder relig. Siedlungen wie Beitar Illit auszuweichen.

Bevorzugtes Viertel der auslaendischen Juden waren Katamon und die German Colony. Dann kam Nachlaot hinzu, wo die Mietpreise in unbezahlbare Hoehen stiegen. Selbst absolute Loecher koennen zu Bestpreisen vermietet werden.

Was die Reichen aus dem Ausland uns Bewohnern antun, wissen sie entweder nicht oder es interessiert sie nicht. Israel ist ein flaechenmaessig kleines Land und da wir wenig Platz haben, baut man entweder in die Hoehe oder zahlt so richtig schoen drauf. Die MAARIV sieht den Immobilienmarkt als sozialen Sprengstoff, denn in Tel Aviv werden schon die ersten Armenghettos arrangiert. Yaffo und Tel Aviv Sued.
Aber auch in Yaffo wird die Kluft immer groesser, denn seit einigen Jahren steht dort der lukrative Gebaeude - Komplex "Andromeda". Im Andromeda wohnen nur Reiche und niemand mit leerer Geldboerse hat Zutritt. Ausser der Putzfrau vielleicht.

Zum Glueck haben wir in Jerusalem noch keine Tel Aviver Zustaende und hoffen wir, dass es nie dazu kommen wird. Was soll ueberhaupt aus den Staedten werden, in denen sich Reiche in ihre Tuerme zurueckziehen und die auslaendischen Juden erst gar nicht hier wohnen ? Erst die Bewohner machen eine Stadt zu dem was sie ist, aber die fremden Auslaender produzieren nur Geisterstaedte.

2 Kommentare:

  1. HI, Miriam:
    Ich schaue ab und zu die Online-
    Nachrichten von JerusalemOnline an.
    Und oftmals gibt es dort Immobilien
    angebote. Und was da so presentiert
    wird erinnert mich schon sehr an
    Las Vegas. Das ist wirklich unglaublich.
    Man merkt richtig diese Goldgräber
    stimmung.

    Jacobo

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  2. B"H

    Wenn Du hier etwas suchst, dann darfst Du nie die Sites fuer Touristen / Auslaender anschauen, denn da werdet Ihr abgezockt.

    Israelis gehen zu:
    www.homeless.co.il

    Zugegeben, es ist nur auf Hebraeisch, aber es lohnt sich jemanden dabei zuhaben, der die Sprache beherrscht. Das kommt Euch im Endeffekt billiger.

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