Freitag, 11. Mai 2007

Taegliche Action

B"H

Tel Aviver sind gewoehnlich der Meinung, dass Jerusalem eine fade langweilige Stadt sei. Zu religioes und konvervativ.
Dieser Ansicht sind meistens die Leute, die Jerusalem nur oberflaechlich kennen. Lebt man laenger hier und lernt Leute kennen, schaut alles ganz anders aus.

Hier ist sogar soviel los, dass es anderen dagegen wieder viel zuviel wird. Von der Politik einmal abgesehen, wo eh immer Chaos herrscht.
Ein Kollege meinte zu mir, dass es Leuten sogar schwer falle, saemtlich Vorkommnisse so schnell zu verarbeiten. Und genau dieses passierte mir gestern Abend auf dem Heimweg.

Ich kam vom Machane Yehudah Markt und ging die Yaffa Strasse zu den Bushaltestellen hinunter. In Sekundenschnelle wurde ploetzlich alles abgesperrt und ein riesen Polizeiaufgebot fuhr auf. Sogar die extra Einsatztruppe auf ihren riesen Pferden kam angetrabt genausowie die Grenzpolizei der Armee (Magav). Was Magav bei einem regulaeren Polizeieinsatz sucht, ist mir schleierhaft. Kann sein, dass nicht genuegend regulaere Polizisten einsatzbereit waren, was ich aber kaum glauben mag. Vor allem in Jerusalem sind alle zu jeder Uhrzeit einsatzbereit. Wir haben da so unsere Erfahrungen.

Die Polizei zeigte sich ruhig und abwartend, aber dennoch auf alles gefasst. Auf mich wirkte die ganze Szenerie drohend, kann aber auch sein, dass ich einfach keine grossen Pferde mag.
Nach wenigen Minuten hoerten wir Passanten ein lautes Geschrei und einen Demonstrationszug anmarschieren. Was so aus dem Nichts, wo alles immer genehmigt werden muss. Leute schrien Parolen und schwenkten rote Fahnen, was mich an fruehere kommunistische Aufmaersche in Moskau erinnerte.
Ich stand mit einem Bekannten zusammen und wir fragten einen vorbeikommenden Haredi (ultra - orthod. Juden), was denn los sei. In Jerusalem denkt man bei Polizeisirenen automatisch an Bombenattentate.
"Die Studenten", sagte der Haredi gelangweilt und ging weiter.

Seit Wochen wird an den Unis gestreikt, weil die Regierung Subventionen kuerzt. Auch ich bin davon betroffen, doch bei den Demos dagegen war ich noch nie. Ein Unistudium ist teuer in Israel. Zuschuesse bekommt nur der, der finanziell schlecht dasteht oder an besonderen Projekten teilnimmt, heisst, wer sich professionell engagiert.
Nun sollen wir noch mehr Gebuehren zahlen und deswegen wird gestreikt. Seit mind. drei Wochen hatte ich keinen Unterricht mehr.
Die Studentenfuehrung kampiert mittlerweile vor dem Hause Olmerts, doch der will sich mit keinem treffen. Kein Wunder, er hat andere Probleme.

Die Studenten beschlossen nicht aufzugeben und die Demos zu verschaerften, was wir gestern sehen konnten. Persoenlich sah nichts davon, aber in den Zeitungen heisst es heute, dass es Ausschreitungen gab. Neun Studenten seien festgenommen worden. Es gab Verletzte auf beiden Seiten, Polizei und Studenten.

Einige Meter weiter suchte ich immer noch nach einer Bushaltestelle, denn die gesamte Yaffa war gesperrt. Am Rathaus sah ich unzaehlige Feuerwehr - Fahrzeuge stehen. Erst dachte ich, dass die Demo anscheinend recht "heiss" werden wuerde, aber dann riefen sich Passanten zu "Hey, schau mal da".
Es brannte im Rathaus, womit die Studenten aber nichts zu tun hatten, denn die wurden durch die Shlomzion HaMalka Strasse nebenan geschleust.

In einem der aelteren Gebaeude des Rathauses brannte ein Raum aus, was heute noch nicht in der Presse steht. Im Gebaeude gleich gegenueber dem Kikar HaZanchanim, der runter zum Yaffo - Tor fuehrt.

Soweit zum gestrigen Donnerstag Abend. Mal sehen, was heute passiert...

2 Kommentare:

  1. liebe Miriam,
    du schreibst so wunderbar plastisch, dass ich mir die szenerie genau vorstellen kann.
    gibt es eigentlich noch die buchhandlung Ludwig Mayer in der 4 Shlomzion Hamalka? da konnte man so herrlich stöbern!

    hier haben sich die studenten mit den studiengebühren abgefunden - wir eltern wohl notgedrungen auch. wir müsssen jetzt pro semester neben den verwaltungsgebühren 500,-- euro studiengebühren bezahlen. zum glück haben wir momentan "nur" noch 2 kinder im studium.
    viele liebe grüße nach jerusalem und einen gesegneten shabbat!
    rika

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  2. B"H

    Hi Rika, ja die Buchhandlung gibt es noch.

    Ich wusste gar nicht, dass man in Deutschland nun auch zahlen muss. In Israel zahl man so um die 2000 Euro pro Semester. Es gibt aber viele Preisnachlaesse.

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