B"H
Als ich gestern Nachmittag bei Rabbi Machlis zum Shabbat - Essen war, bat ich jemanden am Tisch, mir das Sodawasser zu reichen. Er antwortete, dass ich gefaelligst BITTE sagen solle, wie es sich fuer Europaer gehoert.
"Nein, sagte ich, ich sage es dir auf die israelische Art und Weise. Reich mir das Soda." "Ach, du bist schon genauso verdorben wie alle anderen hier," lachte er.
Ich denke Elazar, so hiess derjenige, hat recht. Nach sieben Jahren Israel ohne jegliche Unterbrechung bin ich sicher verdorben wie fast alle Israelis. In Deutschland geboren und aufgewachsen fuehle ich mich heute nicht mehr als Deutscher. Die Mentalitaet und das Gefuehl ist mir irgendwie abhanden gekommen. Meine deutsche Herkunft kann ich nicht verleugnen. Allein schon wegen meines Akzentes im Hebraeischen nicht.
Aber manchmal frage ich mich, was ist eigentlich in mir noch uebrig von Deutschland. Die Frage stellt sich mir oefters, seitdem ich begonnen habe, Blogs in deutscher Sprache zu schreiben. Mehr als sechs Jahre hatte ich fast gar keinen Kontakt zu Deutschen und zur Sprache, und daher hoert sich mein Deutsch manchmal etwas holprig an.
Als ich letztens die Anneka vom Mischpoke - Blog traf, fragte sie mich, mit wem ich denn in Jerusalem Deutsch sprechen wuerde. Gute Frage, mit niemandem, denn kenne keine Deutschen.
Viele gebuertige Israelis fragen mich nach Heimweh und ob ich denn nicht einmal nach Deutschland fahren wolle. Nein, ueberhaupt nicht. Ich habe weder Heimweh noch will ich dorthin fahren, da ich ganz einfach kein Beduerfnis habe. Sicherlich vermisse ich manchmal deutsche Gepflogenheiten wie Puenktlichkeit oder Ordnung. In Deutschland funktioniert immer alles nach dem Uhrwerk und es geht kaum etwas schief. In Israel ist das Gegenteil der Fall.
Deutsche Presse lese ich selten und noch seltener schaue ich deutsches TV ueber Satellit. Einer der Gruende ist, dass ich vieles, was dort geschieht, nicht mehr richtig nachvollziehen kann. Vor allem keine Gesundheitsreformen oder Hartz IV. Dazu reicht mein Wissen nicht mehr aus. Von neuen Show - Stars ganz zu schweigen. Als ich nach drei Jahren Israel im Winter 1998 nach Deutschland kam, wusste ich nicht wer Gildo Horn oder Veronika Feldbusch sind. Nicht, dass dies so wichtig ist, aber komisch fand ich es schon so als Auslaender zu gelten. Bei den damaligen Kommunalwahlen waehlen durfte ich auch nicht, da ich noch nicht angemeldet war.
Ich weiss nicht, wie es anderen geht, die im Ausland leben. Mir jedenfalls fehlt es an nichts und ich bin in Israel sehr zufrieden. Meine wenigen verbliebenen deutschen Freunde koennen meine Einstellung nicht ganz nachvollziehen. Vor einigen Jahren noch als wir in Jerusalem monatlich Terrorattentate hatten, wollten sie unbedingt, dass ich meine Koffer packe und nach Deutschland ins Asyl gehe. Jeder war bereit, mir Unterkunft zu gewaehren, aber ich lehnte dankend ab. Mir war und ist gewiss nicht nach weglaufen zumute, auch nicht bei Kriegen.
Israelis lieben es, Paesse zu sammeln. Je mehr desto besser. Vor den auslaendischen Botschaften stehen die Israelis Schlange, um Paesse zu beantragen. Vor allem vor der deutschen und polnischen Botschaft.
Wer dt. bzw. polnische Vorfahren (vor dem 2. Weltkrieg) hatte, bekommt lt. Gesetz den Pass des jeweiligen Landes. Vor allem viele Enkel und Urenkel der Holocaust - Ueberlebenden beantragen Staatsbuergerschaften. Man wisse ja nie, was einmal passiert und ein zweiter Pass sei immer von Vorteil.
Nicht, dass nun alle unbedingt im Ausland leben wollen. Aber mit einem dt. Pass laesst es sich bequemer reisen, denn der israel. Bringt oft Einschraenkungen mit sich. Ausserdem wollen viele junge Leute in den USA oder England studieren und mit einem EU - Pass ist das leichter.
Das ist ein Zeichen, dass du dich in deiner neuen Heimat sehr wohl fühlst und in der alten nichts vermisst :-) Also alles bestens! Als ich damals in IL war, habe ich D auch nicht vermisst. Später habe ich dann auch Schwierigkeiten gehabt, mich in D wieder einzuleben. Ich weiß heute noch, wie fremd mir nach der Landung in D die weißen Nummernschilder auf der Autobahn vorkamen (von wichtigeren Dingen mal ganz zu schweigen).
AntwortenLöschenLG
Anna
B"H
AntwortenLöschenAls ich in Muenchen ankam, stand ich in der Tiefgarage des Flughafens staunend vor einem Muelleimer mit fuenf verschiedenfarbigen Tueten darin. Braunglas, Weissglas etc.:-)
B"H
AntwortenLöschenUnd ich dachte schon, ich haette etwas verpasst....