Montag, 28. Mai 2007

Es ist wieder soweit

B"H

Im naechsten Monat ist es anscheinend wieder soweit; die Jerusalemer Gay Parade soll Ende Juni stattfinden.
Einige Tausend Gays samt Anhaengerschaft wollen durch die Innenstadt marschieren. Normalerweise ist der Demo - Zug sehr kurz; von der Ben Yehudah gleich um die Ecke zum Independence Park, wo es jedesmal eine riesen Party gibt.

Die absolute Mehrheit der Jerusalemer ist gegen die Parade. Als ob wir nicht schon genuegend andere Probleme haetten.
Ich schliesse mich der Meinung an. Gegen ein Stattfinden der Parade in Tel Aviv haette ich nichts einzuwenden, aber ausgerechnet in Jerusalem empfinde ich als Frechheit und Provokation.

Alle Jahre wieder und so auch jetzt, will die Stadtverwaltung die Parade verbieten lassen. Juden, Moslems und Christen laufen gleichzeitig Amok gegen die Gays.
In diesen Tagen beraten die Haredim (Ultra - Orthod.) wie sie gegen die Parade vorgehen werden. Laut Rabbi Eldad Shmueli sollen am Shabbat Strassen in nichtrelig.Stadtvierteln blockiert werden und man plant eine Grossdemo in der nichtrelig. Hochburg von Ramat Aviv (einem Stadtteil der Reichen in Tel Aviv).

In den folgenden Wochen wird es in Jerusalem vielleicht wieder so aussehen, sollte die Gay Parade nicht verboten werden:

11 Kommentare:

  1. Ich teile Deine Meinung nicht (wie Du Dir sicher denken kannst). Mein ehem. Tel Aviver Mitbewohner, selber überzeugter, geborener Yerushalmi, heute auch wieder dort wohnend, sagte: diese Stadt gehört auch uns, nicht nur den Religiösen, auch wir brauchen unseren Platz hier.
    Ich selbst bin schon beim bloßen Verlassen des "Open House" in der Ben Yehuda beschimpft worden, nur für meine Anwesenheit. Es wäre schön, wenn es ein friedvolles Nebeneinander gäbe, ich greife ja auch nicht gleich jemanden an, der aus einer Synagoge/Kirche/Moschee herauskommt, auch wenn ich seinen Lebensentwurf nicht gut heiße.
    Ich kann also nur hoffen, dass es nicht wieder zu gewaltsamen Ausschreitungen gegen friedliche Demonstranten kommt!

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  2. hi miriam,

    du weisst ja das ich keine probleme mit umzuegen dieser art habe. auch schwule und lesben haben ein recht auf freie meinungsaeusserung.

    ich stimme dir aber in dem punkt zu das tel aviv eindeutig der bessere ort fuer so eine aktion waere, dort gaebe es eine party und gut ist. faende ich toll :-)

    aber so wird es wohl leider nicht kommen, schade das auch von seiten der veranstalter auf provokation gesetzt wird, party faende ich besser.

    die berliner love parade wird dieses jahr uebrigens nicht in berlin stattfinden, sondern im ruhrgebiet. man hat sich stark bemueht diesen event in den "pott" zu holen, es werden eine menge menschen kommen und das kann der region sicherlich nicht schaden, auch aus finanzieller sicht :-)

    schau mal hier - wie findest du diese aktion ?

    http://lesenfuerjerusalem.wordpress.com/

    viele gruesse,
    grenzgaenger

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  3. B"H

    Grenzgaenger, du bringst es auf den Punkt. Auch seitens der Veranstalter wird auf Provokation gesetzt, was im vergangenen Okt. so ausartete, das regelrechte Hetzflugblaetter in Rehov Hillel aufgehaengt wurden.

    @Gingit
    Jerusalem ist und bleibt ein "heisses" Thema, wie du dir sicher vorstellen kannst.
    Die Stadt gehoert nicht nur den Relig., aber dennoch ist die absolute Mehrheit der nichtrelig. Bevoelkerung genauso gegen die Parade. Von der Religion einmal abgesehen ist Jerusalem recht spiessig.:-)
    Ich verstehe das Offene Haus nicht, was mit ziemlich provokanten Mittel die Parade mit aller Macht durchsetzen will.

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  4. @ Miriam,

    natürlich ist mir bewusst, dass Jerusalem ein heißes Thema ist.

    Ich kenne leider die Aktionen des Open House nicht, dazu habe ich schon zu lange den persönlichen Kontakt dahin verloren. Alles, was ich kennengelernt habe, waren Coming Out-Gruppen für Homosexuelle aller Richtungen (Jugendliche, Ältere, Religiöse, Araber), Aufklärungsprojekte und Parties, nicht sonderlich provokante Aktionen. Insofern bin ich da sicherlich nicht wirklich informiert!

    Und ich gestehe ebenso zu, dass die überwiegende Mehrheit gegen eine solche Parade ist, selbstverständlich. Doch bedeuten Freiheit und Demokratie eben nicht nur die Herrschaft der Mehrheit, sondern auch die Rechte der (noch so kleinen) Minderheit wahren zu müssen?! Ich denke schon.

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  5. B"H

    @Gingit

    Ich sehe Jerusalem als besondere Stadt in der Welt, die natuerlich mit der Religion verbunden ist. Hier war der Beit HaMikdash, die Sanhedrin etc.
    Daher finde ich, dass die Parade nicht hierher gehoert.
    Du kannst jetzt sagen, dass ich einer von diesen fundamentalistischen Relig. bin.:-) Das stimmt vielleicht manchmal.

    Die Aktion, die das Open House im letzten Okt. startete, war ziemlich primitiv und hasserfuellt gegen die Haredim gerichtet. Plakate wurden in Rehov Hillel (woanders hatte ich sie nicht gesehen) aufgehaengt. Thorasprueche wurden zusammenhanglos kommentiert. Ich fand das ganze geschmacklos.
    Was mich und wahrscheinlich auch viele andere stoert, ist besonders der Davka - Effekt des Open House.

    Damit Du nicht denkst, dass Mea Shearim nur aus Intoleranz besteht, hier eine Story, die mir zugetragen wurde.

    Vor ca. 6 Monaten arbeitete ein Freund von mir zusammen mit M., die homosexuell ist. Weiter berichtete mir mein Bekannter, dass sie einer chassidischen Gruppe in Mea Shearim angehoere.
    Und, meinte ich, haben die sie rausgeschmissen ?
    Nein, sagte er, sie wohnt bei ihren Eltern und die schmeissen sie nicht raus, weil sie sonst eventuell auf der Strasse enden wuerde.
    Ploetzlich verschwand M. von der Bildflaeche und mein Bekannter erzaehlte mir, dass sie einem Plan zugestimmt haette, bei Chabad zur Schule zu gehen. Ihre Gruppe nahm sie in keine Schule mehr, doch Chabad nimmt ja bekanntlich alle.:-)

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  6. Keine Frage, solche Angriffe gegen die Würde der Religion sind durch nichts zu entschuldigen oder zu erklären, sie sind einfach geschmacklos! Ich möchte solche Aktionen also gar nicht verteidigen.

    Ich möchte lediglich das Recht auch Andersdenkender,-lebender beachtet wissen, sich frei und ohne Angst vor Gewalt in dieser Stadt bewegen zu können, ob als einzelne oder in Gruppen. Ich befürchte, hier werden wir uns nicht einigen können.

    Trotzdem halte ich nicht alle Religiösen für Fundamentalisten, auch Dich nicht... ;-) Auch ich kenne genügend Beispiele von Menschen, die "trotzdem" gute Kontakte zu ihren religiösen Familien haben und sogar selber noch teilweise religiös leben (auf ihre Art).
    Nur diese Gewalt, die verstehe ich nicht. Reicht es denn nicht mehr, uns auf der Straße anzuschreien und zu bespucken? Müssen es denn wirklich Schläge und Messer sein?

    Nein, das denke ich nicht, und kann mir auch nicht vorstellen, dass Du es gut heißt. Vielleicht können wir uns darauf einigen.

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  7. B"H

    Den Messerangreifer kann ich auch nicht verstehen. Solche Leute sind fuer mich nicht relig., selbst wenn sie sich so sehen.
    Spucken und was es sonst noch alles gibt ist ebenso daneben.

    Vor einigen Jahren als es eine Parade gab, schmissen die Haredim vom Strassenrand nur Flugblaetter in die Runde. Es stand nur ein Wort darauf: BUSCHA - Schande.

    Ich finde es einen guten Kompromiss, die Parade in Tal Aviv stattfinden zu lassen.
    Dagegen hat Mea Shearim zwar auch was, aber die meisten Leute koennten damit leben.

    Derzeit ist es eher so, dass lt. wall.co.il beide Seiten wieder aufeinander losgehen. Sowohl das Open House als auch Mea Shearim.

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  8. So, so, da regen sich also die Bewohner von Mea Shearim auf. Und wieviele von denen haben letztes Jahr für ihr Land das Leben riskiert im Libanonkrieg? Und wieviele homosexuelle Soldaten dagegen?

    Und dann überlegen wir doch nochmal wem Jerusalem "gehört" bzw. wer es sich verdient hat, dort eine Parade abzuhalten.

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  9. Immerhin schoen, dass sich bei dieser Sache alle einig sind. Vertreter von drei Weltreligionen, die ansonsten nicht bei vielen Dingen ubereinstimmen koennen. In einer gewissen Weise ist das ja auch wieder Harmonisch.

    Fuer die GBLT-Bewegung in Jerusalem wird es in Zukunft sicher nicht leichter: Die Stadt wird definitiv von Jahr zu Jahr religioeser, was ich als Besucher toll finde. In absebahrer Zeit wird Jerusalem wohl mehrheitlich arabisch sein, eventuell sind wir fuer die naechste Zeit die letzte Gerneration, die ein mehrheitlich juedisches und betont pluralistisches Jerusalem kennen lernen durfte.

    Die Umzuege der Gays sind sicher in Tel Aviv keine grosse Sache mehr. Kaum mehr wie ein sexualisierter Kindergeburtstag und kaum noch provokant, sondern eher eine Zurschaustellung von Sexualitaet. Es ist so... staaam. Zumindest, wenn einen Homosexualitaet nicht provoziert. Die wirklich wichtigen Themen, wie Lebenshilfe, Aufklaerung, HIV-Praevention finden sicher nicht unbedingt auf diesen Umzuegen statt, sondern in den vielen wichtigen, unterstuetzenswerten und verantwortungsvollen NGOs, die den Umzug auch nicht vorbehaltlos unterstuetzen.

    Nicht alles, was die 'Dossim' provoziert und aufbringt, ist automatisch gut und so toll sekular, dass es die Zustimmung der Sekularen bekommt. Konsens sieht anders aus. Ich finde, Jerusalem ist einfach nicht der richtige Ort fuer sowas. Nicht jeder oeffentliche Raum kann fuer alle zum Eytan-Fox-Movie werden

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  10. B"H

    @YerushalmibeLev

    In der Religion haben wir folgendes Konzept:

    Soldaten, die physisch kaempfen, aber ebenso gibt es den spirituellen Kampf. Heisst, es muss genauso gebetet und Thora gelernt werden. Wenn Du ins Tanach schaust, wirst Du dafuer genuegend Beispiele finden.

    Jerusalem gehoert allen, doch wie ich Gingit zuvor schrieb, ist es die Stadt G - ttes, des Beit HaMikdash und der Sanhedrin. Hier eine solche Parade abzuhalten, finde ich unpassend.

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  11. B"H

    @Dwave

    Des neuesten Untersuchungen zufolge wird Jerusalem im Jahre 2035 eine arab. Mehrheit haben, was einer Katastrophe gleicht.

    Du hast recht mit Tel Aviv, wo das Thema keine interessiert.
    Aufklaerung bei der Parade ? Ueber HIV wird bei all den Diskussionen im Vorfeld nicht gesprochen.
    Manchmal kommt es mir tatsaechlich so vor als wolle das Open House die Haredim nur auf die Palme treiben, mit ihren Spruechen.
    Im vergangenen Okt. gab es sogar ein Treffen mit einem Vertreter des Open House und Rabbi Popenheim von der Chassidut Toldot Aharon. Heraus kam nicht viel.
    Mal sehen, wie es hier weitergeht. Ich glaube, am 23. Juni soll die Parade steigen.

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