So ganz anders sieht sie aus als auf den uns allen bekannten Pressephotos:
Avivah Shalit ist nicht besonders gross und man sieht, dass sie innerhalb der letzten Zeit einiges an Gewicht verloren hat.
Gestern abend unternahm ich einen spätabendlichen Trip durch Jerusalem und landete bei der Gilad - Shalit - Demo gegenüber der Amtswohnung Netanyahus. Schon vor einem Monat war ich im aufgestellten Zelt der Familie Shalit, sprach mit einer Verantwortlichen und machte Photos.
Ich kann nicht sagen, ob alltäglich unzählige Leute vorbeischauen, um den Eltern Noam und Avivah Shalit Mut zu machen. Normalerweise flacht die Besucherzahl bei Demos nach einiger Zeit gewöhnlich ab.
Viel Prominenz war dennoch bisher da: Israelische Popstars, Politiker, Minister und Rona Ramon, die Witwe des umgekommenen Astronauten Ilan Ramon sowie trauernde Mutter ihres mit dem Kampfflugzeug abgestürzten Sohnes Assaf Ramon.
Gestern abend waren nicht viele Leute im Shalit Zelt und ich war sozusagen mit Avivah und einigen festen Anhaengern allein. Als ich fragte, ob ich Photos machen darf, kam nur ein Schulterzucken. Die Stimmung war trüb und man schwieg. Ab und zu kam ein Passant herein und schüttelte Avivah die Hand:
"Alles Gute, wünsche man, und viel Mut zum Durchhalten. Gilad komme schon zurück, da sei man sich sicher".
Avivah Shalit nahm das alles zur Kenntnis und sprach mit jedem Besucher. Ich setzte mich auf einen Plastikstuhl, machte ein paar Photos und schwieg. Irgendwie kam ich mir blöd vor einfach hinzugehen und das zu sagen, was alle sagen.
Plötzlich fuhr mit vollem Schwung ein grösserer Wagen vor und ein Haredi (Ultra - Orthodoxer) mit drei Freunden sprang aus dem teuren Gefährt. Alles starrte gespannt auf das Gefolge, weil es nach Prominenz roch.
"באנו לחזק" sagte der Haredi beschämt und hastete verlegen um die Ecke zum Souvenirstand.
Genau das ist es, was wir alle hilflos sagen:
"Banu Lechasek - Wir sind gekommen, um Euch zu stärken".
Bei den Shalits hat sich noch nichts Neues ergeben. Seit Jahren spreche ich mich gegen einen Gefangenenaustausch mit der Hamas aus. 1000 Terroristen gegen Gilad Shalit freizulassen sei Wahnsinn.
Ja, es ist Wahnsinn, doch wer nicht sieht, was im Zelt der Shalits abläuft, macht sich kaum eine Vorstellung. Die Eltern resignierend, doch Hoffnung besteht. Was wäre der Mensch ohne Hoffnung ?
Netanyahu trifft sich in Washington mit Obama und Abu Mazen, aber wer kümmert sich bei derlei wichtigen Events um Gilad Shalit ?
Im Zelt wird abends in die Laptops geschaut. Newssites. Gibt es etwas Neues von Gilad ? Gestern abend war das nicht der Fall.
Als ich wenig später in die Bäckerei zur Arbeit kam, beladen mit Video und Photos, wollten meine Kollegen davon nichts hören. 1000 Terroristen für Gilad Shalit ? Nein, danke. Im Grunde genommen wussten meine Arbeitskollegen auch nicht weiter und waren genauso ratlos wie die Leute im Zelt.
In einigen Tagen werde ich wieder bei den Shalits vorbeischauen.
Zum 24. Geburtstag am vergangenen Samstag:
Happy Birthday, Gilad !
Ein Stuhl im Zelt der Shalit - Demo:
Reserviert für Gilad !
Rechts: Avivah Shalit, die Mutter Gilads.
Auf einer Plakatwand neben der Demo
Stimmungen im Zelt
Photos: Miriam Woelke
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