Sonntag, 16. September 2007

Sind wir alle potentielle Neonazis ?

B"H

Haben wir einen Hang zum Neonazitum ?
Ausgerechnet so lautet heute eine Frage in der israel. Tageszeitung Haaretz. Sind wir alle potentielle Neonazis oder schieben wir unbesorgt alles auf die nichtjuedischen russischen Neueinwanderer ?

Vor ca. zehn Jahren begann Israel damit, auslaendische Arbeitskraefte zu importieren. Die Palaestinenser waren zur internen Gefahr geworden, denn jeder von ihnen war ein potentieller Selbstmordattentaeter. Israelische Unternehmen und Haushalte weigerten sich standhaft, Palaestinenser einzustellen.

Da kam die Regierung auf den Einfall, die Chinesen, Thailaender oder Philippinos zu holen. Flugs bluehte das Geschaeft der Schlepper und Menschenhaendler. Was zahlen arme Chinesen nicht alles, wenn ihnen ein Visum in die westliche Welt winkt ? Tausende von Dollar.

Auch israelische Unternehmer und Politiker mischten kraeftig mit. Der Menschenhandel boomte. Thailaender auf den Feldern der Moshavim, Philippinos in Privathaushalten bei der Kranken - u. Altenpflege und Chinesen auf dem Bau. Die Rumaenen haette ich fast vergessen zu erwaehnen. Rumaenen auf dem Bau oder torkelnd in den Kneipen. Ganz nach Belieben.

Die Palaestinenser sahen die Gastarbeiter mit Misstrauen, wurden sie doch ploetzlich ersetzbar. Ein Gastarbeiter ist billiger als ein israel. Palaestinenser und Gastarbeiter beschweren sich nicht, wenn einmal der Lohn drei Monate nicht gezahlt werden sollte. Zwoelf Stunden Arbeit am Tag, ein Leben in Barracken und kaum Geld. Die Philippinos haben es noch am besten in ihren Privathaushalten.

Den Israelis wurde es zuviel und feindliche Bemerkungen begannen. In einem Bus in Tel Aviv hoerte ich, wie eine Nigeriannerin beschimpft wurde. Nein, so wie Deutschland mit den Tuerken wolle man in Israel nicht enden. Wo kommen wir denn da hin ?
Und so bildeten sich kleine Gastarbeiterghettos. Am schlimmsten war es in Tel Aviv. Die Prostitution rund um den Zentralen Busbahnhof bluehte und alle Nationalitaeten boten sich an: Russen, Polen, Afrikanerinnen…
Immer da, wo sich derlei Ghettos bildeten, gerieten israelische Anwohner in Rage.

Irgendwann war es allen zuviel und die Auslaenderpolizei wurde gegruendet. Unentwegt Razzien und kaum ein Auslaender traute sich mehr auf die Strasse. Die Mehrheit war eh illegal im Land und wer erwischt wurde, dem drohte gnadenlose Abschiebung. Israelische Nachbarn riefen schon einmal gerne bei der Polizei an, um Gastarbeiter zu denunzieren. Mitleid gab es keines, nur ein kurzes Bedauern, dass ploetzlich der tollen Putzfrau die Abschiebung drohte.

Man kann solche ein Verhalten vielleicht rassistisch nennen, doch zum Neonazitum gehoert mehr dazu. Niemand misshandelte koerperlich seine Gastarbeiter, kloppte auf ihnen herum oder trat sie mit Fuessen. Und mit Hitler - Gruss wartete auch keiner auf.

Leider wird in unserer eigenen Gesellschaft das Wort NAZI viel zu leicht verwendet. Wer nicht so denkt wie ich, wird zum Nazi abgestempelt. Sei es nun die Polizei bei der Raeumung einer Siedlung, die Armee oder Politiker. Neulich liess jemand sogar errechnen, wieviel Rente Anne Frank, waere sie noch am Leben, von der israel. Regierung bekommen taete. Fazit: Sie wuerde auch am Hungertuch nagen.

Jeder beschimpft jeden als Nazi und weiss oft nicht, was hinter diesem Begriff steckt. Egal, Hauptsache schimpfen.

Uebrigens war ich auch schon einmal Nazi. Fundamentalistische Christen nannten mich so.

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