Montag, 23. April 2007

Trauer und Hoffnung

B"H

Gestern Abend, als der Sirenenton zum diesjaehrigen Yom HaZikaron (Gedenken an die gefallenen israel. Soldaten und Terroropfer) ertoente, befand ich mich gerade allein in der Umkleidekabine unserer Baeckerei. Fuer mich ist es angenehmer in dem Moment allein zu sein, anstatt mit Vielen auf einem Fleck zu stehen. Allein kann ich mich besser konzentrieren und konnte ausserdem den Gebeten in der gegenueberliegenden Synagoge lauschen. Dort wurde waehrend des gesamten Sirenentones laut gebetet.

Yom HaZikaron bringt immer eine bewegende Stimmung mit sich. Fast ausnahmslos waren alle Restaurants und Pubs geschlossen waren. Beim Holocaust - Tag letzte Woche war nur die Haelfte dicht.
Gestern Abend war das anders, denn wer kennt keinen gefallenen Soldaten und bei wem schwebt nicht der Gedanke mit, dass es morgen jeden von uns erwischen koennte.

Heute frueh schon geht die bedrueckende Stimmung weiter, denn um 11.00 Uhr gibt es nochmals einen Sirenenton. Vor dem Jerusalemer Rathaus sowie auf dem Friedhof am Herzlberg werden zentrale Gedenkveranstaltungen abgehalten. Fast die gesamte Knesset wird am Herzlberg versammelt sein. Die Innenstadt gleicht einem Militaercamp. Ueberall laufen Soldateneinheiten herum und mancher Tourist sieht sich heute irrtuemlich ich einer War – Zone.
Dennoch werde ich nie ganz das Gefuehl los, dass ich an dem Tag deplaziert bin. Ich habe keine Armeevergangenheit. Bei der Einwanderung war ich zu alt zur Musterung. Man sollte schon mit zwanzig Jahren einwandern und nicht erst mit Dreissig kommen. Natuerlich wissen wir aus den Zeitungen und persoenlichen Erzaehlungen, welche Schicksale sich hinter vielen Soldaten verbergen, dennoch, es fehlt ein richtiger Bezug, naemlich die Armee selbst. Das ist einer der Nachteile, wenn jemand nicht hier im Land geboren wurde. Ein wichtiger Teil des Lebens fehlt. Jedenfalls aus israelischer Sicht.

Heute Abend ist wieder alles vorbei. Von einer Minute auf die andere gibt es Feuerwerk und Party zum nachfolgenden 59. Unabhaengigkeitstag. Die Trauer ist vorbei und Rockmusik droehnt am Zionsplatz in der Innenstadt. Gestern wurde schon eine riesen Buehne aufgebaut.
In der Grossen Synagoge findet ein G-ttesdienst mit dem ashkenazischen Oberrabbiner statt und wer danach vor die Tuer tritt, findet das volle Ramba Zamba vor. Vor allem die mir so verhassten Spraydosen mit dem weissen Schaum darin. Die Teenies lieben es sich damit gegenseitig von oben bis unten vollzuspruehen.
Deshalb werde ich heute Abend nach der Arbeit einen riesen Bogen um die Innenstadt machen und stattdessen durch das ultra - orthod. Ge'ulah fluechten, wo von all dem kaum etwas zu spueren ist. Wenigstens brauche ich dann nicht hinterher alle meine Klamotten in die Waesche zu schmeissen.
Was am Yom Hazikaron noch in allen Hinterkoepfen herumschwebte, ist am Unabhaengigkeitstag wie ausgeloescht. Kriegsgedanken existieren nicht mehr, sondern nur noch Fun und ein Flaggenmeer. So dich liegen Freud und Leid beieinander.

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