Montag, 18. Juli 2011

Israels Sozialaufstand


Eine Wohnung ist eines jeden Recht und kein Privileg !

Gesehen auf der aktuellen Studentendemo am Rothschild Boulevard / Tel Aviv.

B”H

Während Premier Netanyahu samt seines Kabinetts sich voll und ganz auf die Flottilla und die Absicht Abu Mazens, im September die UNO einen palästinensischen Staat ausrufen zu lassen, konzentriert, geht in den Köpfen der Bevölkerung etwas ganz anderes um. “Wie soll man bei Mietwucher und völlig überteuerten Lebensmittel mit einem Normalgehalt über die Runden kommen ?”

In den letzten Monaten trieben es die israelischen Lebensmittelhersteller auf die Spitze und liessen uns bluten. Wer essen will, soll zahlen. Und das selbst für Grundnahrungsmittel wie Brot und Milch. Wo muss der Israeli einsparen und was kann er sich leisten ? Bei den Preisen nicht mehr viel, denn ein Großteil des Gehalts geht eh für Miete und Nebenkosten drauf. Wer dazu noch Kinder hat, der zahlt die Schule und vor allem jetzt im August neue Schulbücher, Hefte, Ranzen, Klamotten für den ersten Schultag nach den Sommerferien und und und. Soziale Absicherungen laufen in Israel vollkommen anders als im abgesicherten Deutschland. In unserem Land dagegen kann sich jemand schnell auf der Straße wiederfinden und dann ? Hilft die Stadtverwaltung bzw. das Sozialamt ? Jede Kommune hat da so ihre eigenen Vorlieben und wer in Tel Aviv auf der Straße steht, kann leicht in ein billiges Hostel gepfercht werden. Am Zentralen Busbahnhof und im Zimmer nebendran verdienen Prostituierte lautstark ihren Lebensunterhalt. So sieht nicht selten die Lage aus. Für die Stadt Tel Aviv ist es oft leichter und billiger diverse Obdachlose in Hostels zu stecken. Ältere Russen ohne Familie, israelische Ex – Junkies oder die Unterschicht. Wer Glück hat, aber dennoch keine feste Bleibe, der kommt bei Freunden oder den Eltern unter. 


Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer. 
Wohnhaus am noblen Rothschild Boulevard / Tel Aviv.


Netanyahu mag ein gutes Händchen in der Auslandspolitik haben, im eigenen Land jedoch ist er ahnungslos. “Bibi, der König des Kapitals !” Mit den Wohlhabenden umgibt er sich gerne, übersieht aber dabei, dass das Land verarmt. Jetzt gehen die Studenten auf die Barrikaden, denn erschwingliche Bleiben sind Mangelware geworden. Israelische Unis kosten einen Haufen Gebühren. Nicht jeder Student kann daheim bei Muttern wohnen, sondern ist gezwungen, an den jeweiligen Unistandort zu ziehen. Miete soll gezahlt werden, hohe Nebenkosten. Wie lange darf man noch duschen, um bei der nächsten Wasserrechnung keine Herzattacke zu erleiden ? Aber nicht nur den Studenten spuken derlei Gedanken durch den Kopf.

Immer mehr versinkt der einstige Mittelstand in den sozialen Abgrund. Plötzlich will der Vermieter 500 Schekel (100 Euro) mehr pro Monat, dabei war der Mieter eh schon gezwungen an allen Enden zu sparen. Und jetzt auch noch 100 Euro mehr ? In Israel laufen die meisten Mietverträge für ein Jahr und danach kann eine Verlängerung erfolgen. Auch wieder für ein Jahr, wobei zu bedenken ist, dass bei jeder neuen Vertragsunterschrift gewöhnlich auch die Miete steigt.

Die Politiker reden von internationaler Politik und dem Kapitalmarkt, im Land selber tut sich hingegen eine soziale Rebellion auf. Aktuell steigt die haredisch (ultra – orthodoxe) – sephardische SHASS Partei mit in den Kampf ein. Man sage über SHASS, was man will, doch in sozialen Belangen ist die Partei top. Wenn niemand hilft, bei SHASS werden Sie geholfen. Allein deswegen erhält die Partei viele Wählerstimmen. 




Bilder von der derzeitigen Studentendemo auf dem Tel Aviver Rothschild Boulevard.

Photos: Miriam Woelke


In diesen Tagen will SHASS eine Liste jener israelischen Lebensmittelhersteller vorlegen, welche ihre Waren vollkommen überteuert anbieten. Aufgrund der Liste erfolgt dann ein Wirtschaftsboykott und alle sind schon auf die Liste gespannt. Die Presse zieht mit und momentan fallen anderweitige Themen unter den Tisch. Die Sozialrebellion im Land ist das Top – Thema und sogar der Waldbrand bei Jerusalem ging dadurch etwas unter. Waldbrand gelöscht, eine Untersuchung zur Auslösung des Brandes findet statt, doch Tausende gehen auch heute wieder zum Studentenprotest auf dem Tel Aviver Rothschild Boulevard.


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