Mittwoch, 12. September 2012

Nicht alle sehen einem freudigen Rosh Hashana entgegen

B"H

Trotz der Schlagzeilen, dass Netanyahu und Obama sich wieder einmal zoffen und die israelische Fussballnationalmannschaft das WM – Qualifikationsspiel gegen Russland mit 0:4 verlor, will ich das Augenmerk auf eine andere aktuelle Begebenheit richten:

Am nächsten Sonntag abend beginnt das jüdische Neujahrsfest Rosh Hashana. Das Fest dauert dauert bis zum Dienstag abend, was bedeutet, dass ab dem späten Sonntag nachmittag bis zum Dienstag abend die meisten Geschäfte geschlossen sind. In Tel Aviv oder Haifa hat sicherlich mehr geöffnet als in Jerusalem. Allgemein jedoch fahren keine Busse und wer am Montag oder Dienstag irgendwo mit dem Bus unterwegs zu sein plant, sollte umdenken, denn die Busse fahren erst wieder am Dienstag gegen 19.30 Uhr.

Keine Ämter oder Banken, denn das Land befindet sich kollektiv im Feiertag. Tausende Israelis nutzen dieses Wochenende sowie Rosh Hashana für einen Auslandstrip und der Ben Gurion Flughafen wird gestürmt. In den Supermärkten tritt so langsam das Chaos an den Kassen ein, weil viele Israelisbei zwei Feiertagen meinen, es gebe nächste Woche nichts mehr zum Essen und deswegen wird tierisch eingekauft.

Trotz all der anstehenden Feiertage sollten wir nicht vergessen, dass es für Tausende Juden kein frohes Fest wird, weil es ganz einfach am Geld fehlt, ein festliches Mahl zu besorgen. Zwar werden an Essenspakete mit Wein, Reis, Fleisch und Knabberzeug an bedürftige Familien ausgeteilt, trotzdem ist es ein Unterschied, ob ich etwas allein kaufe oder als Spende erhalte.

Außerdem gibt es diejenigen, welche den Feiertag im Krankenhaus verbringen. Keine so tolle Vorstellung und ich wünsche all jenen eine gute Besserung und ein Gutes Neues Jahr 5773 !

Gestern verbrachte ich den gesamten Nachmittag bei der 19 – jährigen Amerikanerin Jordan H. im Hadassah Ein Kerem Hospital. Voraussichtlich am Sonntag soll es zurück in die Staaten gehen, wo Jordan mindestens 1 – 2 Monate intensive Physiotherapie in einer Reha – Klinik vor sich hat. Im Januar beginnt sie ihr neues Semester an einem College in Boston. 

Auch sah ich gestern zum ersten Mal Jordans verbrannte Beine bzw. die, in zwei Operationen, vorgenommenen Hauttransplantationen. Kein toller Anblick, aber die Ärzte meinen, dass kaum sichtbare Narben zurückbleiben werden. In einem Jahr sehen wir uns wieder, denn dann geht der Rechtsstreit mit der Busgesellschaft EGGED in eine weitere Runde und es wird ärztlich festgestellt, ob bei Jordan und mir Folgeschäden bleiben werden.

Ein chaotisches Jahr, wenn ich so zurückschaue, dennoch muss ich sagen, dass ich, bis auf den Unfall, privat ein super Jahr hinter mir habe.

Leider macht man sich immer nur dann Gedanken und merkt wie wichtig die Gesundheit ist, wenn etwas passiert und man krank darniederliegt. Wenn man plötzlich seine Schuhe nicht mehr zubinden kann und vom Toilettengang erst gar nicht zu reden. All die kleinen Dinge, die man sonst so eben nebenbei erledigt, ohne auf fremde Hilfe angewiesen sein zu müssen. Von einer Sekunde auf die andere kann dies alles ins Gegenteil umschlagen. Wir planen unseren Tagesablauf, die Karriere, unser Leben, aber eines vergessen wir dabei zu oft: Nämlich zu leben !


Hier nochmals ein paar Photos von meinem gestrigen Besuch im Hadassah Hospital in Jerusalem:



Hadassah Ein Kerem Hospital in Jerusalem



Die Notaufnahme





Im Hadassah Ein Kerem Hospital werden bemalte Fenster von Marc Chagall auf Dauer ausgestellt. Jedoch nur zu bestimmten Tageszeiten und mit Eintrittsgeld. Die zwei Bilder sind ebenso von Marc Chagall, doch nicht Teil der Hauptausstellung.



Sonnenuntergang: Blick vom Hadassah Hospital über den Jerusalemer Wald



Photos: Miriam Woelke

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